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Alles nur Wahlkampf?

Kommenden Sonntag ist es also so weit, in Niedersachsen wird der Landtag neu gewählt. Im September dann Bundestagswahl und im nächsten Jahr werden hier Bürgermeister und Landrat neu gewählt. Irgendwie wird also immer irgendwo irgendein politisches Amt neu zu besetzen sein und daher zur Wahlurne gerufen werden. Das heißt doch dann auch, dass immer irgendwo Wahlkampf stattfindet, oder?

„Wahlkampf ist, wenn Politiker die Versprechen auf Plakate drucken, von denen sie genau wissen, dass sie die nicht halten werden!“ so oder so ähnlich wird ja gerne in Wahlkampfzeiten gelästert. Welche Partei da auch zur Wahl antritt, je näher der Wahltag kommt, desto lauter wird das „Säbelrasseln“ und keiner hört mehr darauf, ob womöglich wirkliche Sachaussagen, oder doch nur Wahlkampf Versprechen durch die Medien rauschen. Angeblich sind die Menschen ja total Politikverdrossen und überhaupt verstehen die ja auch gar nichts von dem was so ein wahlkämpfender Politiker so alles FÜR SIE tut…

Nach der Wahl ist vor der Wahl

War das nicht mal eine Aussage im Zusammenhang mit Fußball? Passt aber ja auf viele andere Bereiche. Für mich sollte das vor allem in der Politik bedacht werden, denn egal ob nun in die Regierung oder in die Opposition gewählt, ob vier oder fünf oder acht Jahre, die Arbeit die in diesen Jahren gemacht wird, muss doch mehr zählen, als die wenigen Wochen vor dem Wahltag. Was ich aber noch viel wichtiger finde, auch die letzten Wochen vor dem Wahltag sind politische Entscheidungen zu treffen, die oft lange über den Wahltag hinaus wirken. Nun ist mir in den letzten Wochen hier in Niedersachsen etwas aufgefallen, dass hat mich wirklich erschreckt. OK, ich mache ja schon seit einigen Jahren in diesem „Politzirkus“ mit und bin auch nicht so leicht zu erschrecken, vor allem in Wahlkampfzeiten. Wenn aber mit einem wirklich wichtigen Thema, in dem ich selber auch aktiv engagiert bin und daher weiß, dass es sich absolut nicht zum „Wahlkampf-Verwursten“ eignet, herumgezockt wird, dann fehlt mir jedes Verständnis. Wenn es zum Beispiel darum geht, schnell Entscheidungen zu treffen, um unser Trinkwasser vor der Gefährdung durch hochgiftige Chemikalien zu schützen, wie sie beim „Fracking“ [genauere Beschreibung hier] in die Erde gepumpt werden, um Erdgas zu gewinnen. Dieses Verfahren wird hier in unserer Region zwar schon seit Jahrzehnten angewendet, dass es aber wirklich hochgefährlich ist und sehr schnell zu dramatischen Konsequenzen führen kann, das ist uns hier erst vor wenigen Jahren klar geworden. Als nämlich Vorfälle bekannt wurden, bei denen der Chemiecocktail ins Erdreich verschwunden ist und viele Hektar Boden vergiftet wurden.  Nach und nach haben sich immer mehr Menschen mit der Frage beschäftigt, ob diese Art der Erdgasgewinnung wirklich so ungefährlich ist, wie uns immer erklärt wurde. Auch die politischen Vertreter verschiedener Parteien haben sich aufgemacht, dieses Verfahren genauer zu hinterfragen. Es wurden immer mehr Details klar, die gegen Fracking sprechen und mehr als einfach nur „Besorgnis erregend“ sind. Bürgerinitiativen haben sich gebildet, die -wie ich meine zurecht- von der Politik schnelle, klare Entscheidungen gegen das Fracking in der hier praktizierten Form fordern. Aus den Gemeinden in denen „gefrackt“ wird, kamen vor gut zwei Jahren Forderungen an den Landkreis, keine weiteren Fracking Maßnahmen in den jeweiligen Gemeindegebieten mehr zu zulassen, bis eindeutig geklärt ist, ob und wie gefährlich Fracking wirklich ist. Zur Erinnerung, die Bohrstellen befinden sich zum Teil sehr nahe an unseren Trinkwasser Reservoiren und die Stoffe die da ins Erdreich gepumpt werden sind hochgiftige Chemikalien. Die Folgen, sollte also von diesen Stoffen etwas in unser Trinkwasser geraten, sind enorm und nicht schnell mal wieder in Ordnung zu bringen. Die Forderung dieses Verfahren erst einmal zu stoppen und genauer zu untersuchen, ist also absolut nachvollziehbar. Als ich im November 2011 selber Kreistagsabgeordnete wurde, war das Thema Fracking schon längst auch im Kreistag heiß diskutiertes Thema. In der ersten Umweltausschusssitzung an der ich teilgenommen habe, wurde eine Resolution auf den Weg gebracht, die Umweltverträglichkeitsprüfungen und weitere Untersuchungen dieses Verfahrens forderte und den Stop aller Bohrungen bis zum Abschluss dieser Untersuchungen zum Ziel hatte. Auf Landes- und Bundesebene waren alle Abgeordneten aus unserem Landkreis aufgefordert, für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu sorgen, die betroffenen Kommunen in die Entscheidungsprozesse ob und wo „gefrackt“ wird einzubeziehen. Unabhängig von der Partei für die er/sie steht, hat jeder dieser Abgeordneten in der regionalen Presse und bei Veranstaltungen rund um das Thema erklärt, dass er sich gegen Fracking in der aktuell praktizierten Form ausspricht und versichert, in Hannover oder Berlin entsprechend zu handeln. Tatsächlich wurde auch von SPD und Grünen entsprechende Anträge in Land- und Bundestag gebracht, zuletzt ein Moratorium gefordert, damit bis zum Abschluss der Untersuchungen nicht mehr gefrackt wird. Im Laufe des letzten Jahres sind immer mehr gefährliche Situationen bekannt geworden, von Leckagen an den Leitungen, bis hin zu einem Brand an einer Anlage, bei der eventuell auch radioaktive Stoffe freigesetzt wurden. Die Unternehmen die hier fracken haben in klassischer Salamitaktik nur die Probleme eingestanden, die schon bewiesen und nicht mehr zu leugnen waren und munter weiter gebohrt. Es wurde also immer deutlicher, dass hier nur ein Stop aller Bohrungen dazu führen kann, weitere Gefährdungen zu verhindern und vor allem die Unternehmen dazu zu bewegen, uns ernst zu nehmen.

Langer Rede kurzer Sinn

Bei der namentlichen Abstimmung im Bundestag zu dem Antrag von SPD und Grünen, hat sich der CDU Abgeordnete dieses Wahlkreises enthalten. Diese Enthaltung hat hier einen Sturm der Entrüstung -auch bei seinen eigenen Parteifreunden- ausgelöst. Soweit so unschön, wäre es ja schon schlimm genug aus reiner Parteipolitik heraus, in Berlin anders zu entscheiden als hier im Wahlkreis erklärt. Wir sind es hier auch schon aus den Kommunalparlamenten gewohnt, dass Anträge die nicht von der CDU gestellt wurden grundsätzlich und unabhängig vom Inhalt, geschlossen von der CDU abgelehnt wurden. Seine Erklärung allerdings, warum er sich bei diesem wichtigen Thema enthalten hat, die schlägt wirklich alles.  Denn nicht sachliche Argumentation oder persönliche Haltung haben ihn von der deutlichen Entscheidung im Sinne der Menschen hier vor Ort abgehalten. Seiner Meinung nach, war doch dieser Antrag nur Wahlkampf und deshalb konnte er nicht zustimmen. *räusper*

Stillstand weil Wahlkampf?

Es wird also munter weiter gebohrt, giftige Chemie in unsere Erde gepumpt und dabei riskiert, dass die Trinkwasser führenden Bereiche kontaminiert werden, weil ein Abgeordneter sich im Wahlkampf befindet? Mir ist bis dahin nie so deutlich aufgefallen, was tatsächlich in Wahlkampfzeiten passiert, wenn die amtierende Regierung keine Antworten und Lösungen auf die wirklich wichtigen Fragen und Sorgen der Menschen hat. Auch auf die Konzepte und Lösungsvorschläge die aktuell von SPD und Grünen zu Themen wie Rente und Daseinsvorsorge, Finanzmarkt Regulierung und Steuerbetrug so vorgelegt werden, gibt es im Moment nur die Reaktion „Alles nur Wahlkampf“. Nicht in der Sache argumentiert, keine inhaltliche oder nachvollziehbare Argumentation was denn die amtierenden Entscheider anders geschweige denn Besseres anbieten. Nur platte Sprüche. Tatsächlich hat es ja schon ein bisschen mit Wahlkampfzeiten zu tun, wenn gerade jetzt diese Konzepte und Pläne entstehen. Zum Teil liegen diese Pläne natürlich schon lang in der Schublade, darauf wartend, im Falle wieder die Regierungsverantwortung zu haben, umgesetzt zu werden. Viele Lösungsangebote entstehen aber sicherlich auch, wenn man zuhört und ernst nimmt, was die Menschen um deren Wahlstimme man so wirbt, sagen. Das sollte allerdings nicht nur in einigen wenigen Wochen vor der nächsten Wahl geschehen, sondern Teil des laufenden Geschäftes sein.

Also schnapp Dir die Abgeordneten deines Wahlkreises doch einfach mal, wenn nicht gerade die nächste Wahl ansteht und frag nach wofür er steht. Gib ihm deine Handlungsaufträge  und Lösungsvorschläge mit und fass unbedingt auch nach, wenn du nichts mehr von deinem Thema hörst. Merk dir vor allem, wer wie reagiert. Wer nur am Infostand und im Wahlkampf ein offenes Ohr für dich hat, der wird auch wenn er gewählt ist, nicht weiter an deine Interessen denken. Es gibt einfach noch viel zu viele Politiker, die sich darauf verlassen, dass du vergisst bis zum nächsten Wahltag. Jeder ist für die Politik verantwortlich und das nicht nur am Wahltag. 

 

Die Transparenz frisst ihre Kinder

Da sitzt er nun, der eigentlich junge Mann mit den weißen Haaren, in einem kleinen Raum mit abgeklebten Scheiben, in einer Botschaft in London. Neurotisch, Paranoid, vom Verfolgungswahn gehetzt schauend, so die Kommentare derer, die beim Convention Camp in Hannover das Skype Interview verfolgt haben. Julian Assange der Mann der „Transparenz“ zum wichtigsten Begriff weltweit gemacht hat. Seiner Überzeugung nach gibt es nichts, was nicht transparent öffentlich dargestellt werden kann. Genau er ist es, der eine Heidenangst davor hat, dass irgendetwas über ihn öffentlich wird… Heute zumindest.

Tatsächlich ist es gefährlich Transparenz zu „unbedingt“ zu leben, denn viele Informationen Schaden mehr als sie nutzen, wenn sie für jeden ungefiltert zugänglich sind. Es ist also wichtig genau zu überlegen ob das öffentlich machen der Information wirklich etwas nutzen kann. Es scheint unmöglich, unbedingte Transparenz zu schaffen, ohne das dabei Menschen zu Schaden kommen. Am Beispiel der Kriegsbilder mit denen WikiLeaks und damit Julian Assange zu dieser zweifelhaften Berühmtheit gekommen ist, wird das sehr deutlich. Wem hat es genutzt, dass diese erschreckenden Bilder/Filme öffentlich gemacht wurden? Der Plattform die das veröffentlicht hat auf jeden Fall. Dem Mann dahinter, im ersten Moment auch, denn dadurch wurde er zum „Rockstar der Internetwelt“. Für jemanden, der auf Berühmtheit Wert legt, sicherlich ein Erfolg. Doch zu welchem Preis sind diese „Erfolge“ zu Stande gekommen? Der Preis den Assange zahlt, ist dabei noch in meinen Augen in Ordnung, denn er hat ja auch einen Nutzen von der ganzen Aktion gehabt. Es gibt aber nun einmal eine Reihe von Menschen, die dafür zahlen müssen, ohne das sie Einfluss darauf hatten, weder auf das Geschehen selber, noch auf die Veröffentlichung. Die Soldaten im Kriegseinsatz, die eben nicht Krieg mit einem Computerspiel verwechselt haben. Die diese Einsätze verantwortungsbewusst und mit dem ihnen gegebenen Augenmaß gefahren sind. Mit den Informationen die da ungefiltert öffentlich gemacht wurden, sind ja nicht nur diejenigen an den Pranger gestellt worden, die „verantwortlich“ waren, sondern gleich alle miteinander. Assange meint, dies seien Kollateralschäden die akzeptabel sind, im Sinne der Aufklärung. Ich meine, wer gibt ihm das Recht darüber zu entscheiden? Nur der Ordnung halber: Wer mich kennt, oder auch wer diesen Blog hier öfter liest, weiß ich bin eine Kämpferin für transparente Informationspolitik. Wissen und Bildung sind für mich die wertvollsten Güter die es im 21sten Jahrhundert gibt und „Herrschaftswissen“ hat ausgedient! Es braucht aber sicher noch einiges an „Bildung“ bei vielen Menschen, damit echte Transparenz konsequent möglich wird. 

„Wenn du Transparenz predigst, musst du auch selber transparent arbeiten“ so Daniel Domscheid Berg zu Julian Assange. Dieser Satz könnte ebenso als Überschrift dienen, denn genau da liegt der Ursprung allen Transparenz Übels. Das heiße Spiel mit heißen Informationen, dabei haben sich auch andere oft die Finger verbrannt. Wer kann entscheiden, welche Information für wen richtig ist? Vor allem aber, wie viele Informationen müssen mit geliefert werden, damit Zusammenhänge verstanden werden? Können wir unserer heutigen Gesellschaft schon jede Information „zumuten“? OK, in meiner eigenen politischen Arbeit, kann ich das. Da bin ich ja sogar davon abhängig, dass ich alle Informationen bekomme, damit ich richtig entscheiden kann. Dafür bin ich natürlich auch bereit, mein Handeln und alles was im Zusammenhang mit meinen Entscheidungen steht transparent aufzuzeigen. Das genau ist es ja auch, warum ich sehr gründlich überlege, bevor ich handle. Ich stelle mir vorher die Frage, kann ich jeden Schritt meines Handelns später offen dokumentieren ohne Probleme zu bekommen? Tatsächlich stellt sich oft heraus, dass die Fälle in denen es dann doch Ärger gab, genau daran krankten, dass mir relevante Informationen fehlten.

Alles zu seiner Zeit!

Transparenz ist eine Zeitfrage. Diese Erfahrung macht ja auch die Piraten Partei aktuell immer wieder. Die Piraten werden gemeinhin ebenfalls als „Kinder der Transparenz“ gesehen, waren sie es doch, die allen „klassischen“ Politikern den Kampf angesagt haben, mit ihrer Forderung nach unbedingter Transparenz. Diese Forderung unterstütze ich sehr…ABER… Es bedarf eben einem wirklich guten Augenmaß zu entscheiden, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt wem transparent gemacht werden. Ist zum Beispiel eine Idee noch kaum geboren und wird sofort herausgerufen, stirbt sie doch noch in den Wehen. Strategie und Konzept sind nun einmal unumgänglich, damit aus Ideen auch Handeln werden kann. Gründlich durchdachte Strategien entstehen aber eben nur im „geschützten Raum“ und nicht öffentlich. Das „Wissen der Vielen“ ist sicher für einige Punkte einer politischen Entscheidung wertvoll und kann auch unpopuläre Entscheidungen auf breite Füße stellen. Besteht aber für eine Entscheidung Zeitdruck, dann kann Transparenz im laufenden Prozess nun einmal nur schaden. Wenn Entscheider mehr Zeit damit verbringen, Zusammenhänge zu erklären, damit der aktuelle Stand ihrer Entscheidungsfindung für jeden nachvollziehbar ist, dann haben sie nicht mehr die nötigen Ressourcen selber alle relevanten Informationen zu bekommen und zu verarbeiten, die es für die beste Entscheidung braucht. Diese Erfahrung machen eben die „Kinder der Transparenz“ gerade, denn in den simpelsten Entscheidungsprozessen verzetteln sie sich in Diskussionen die meist weit an der Sache vorbei im „ich will auch noch mal was Schlaues sagen“ Nirwana enden.

Macht und Transparenz

Zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen? Offensichtlich nicht, denn Julian Assange hat ja eine gewisse Macht erlangt, damit das er Informationen öffentlich gemacht hat. Doch ist das wirklich das Ziel aller Transparenz Forderungen? Ich meine nein… Ziel muss doch sein, dass eben diejenigen die diese Informationen „produzieren“ auch für deren transparente Weitergabe verantwortlich sein müssen. Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen, dass ist für mich das „Zauberwort“ das hinter dem imaginären Transparenz Begriff steht. Macht erlangen damit, Informationen über andere öffentlich zu machen, dass ist doch warum die Presse als „Die viere Macht“ bezeichnet wird. Investigativer Journalismus wäre ja vom Aussterben bedroht, wenn alle und jeder immer alles ganz und gar von sich aus öffentlich macht… ach?!?

Noch ein Transparenz Opfer?

Ja, die Presse ist eben auch eines der „Kinder der Transparenz“. Lebt guter Journalismus doch davon, Informationen zu Tage zu fördern und öffentlich zu machen, die andere vielleicht gerne geheim oder wenigstens noch ein wenig länger nicht öffentlich gehalten hätten. Welche Daseinsberechtigung haben Journalisten denn noch, wenn alles immer transparent kommuniziert wird? Sind sie dann nur noch „Aufbereiter vorhandener allgemein bekannter Informationen“? Vielleicht ist es aber einfach auch nur ein wenig umständlicher, investigativ zu arbeiten. Denn noch gibt es ja genug „Leichen in den Kellern“, wenn diese dann mit so vielen Informationen überlagert werden, dass keiner sich mehr die Mühe macht durch all diese Transparenz zu buddeln. Da ist dann ja noch für lange die Spürnase mit dem richtigen Instinkt für echte Nachrichten gefragt…

Der Maja Kalender hat ja vielleicht das gemeint

Das Ende der Welt, die von Glauben bestimmt wird. Aller Orten hört man die und der haben ein „Glaubwürdigkeitsproblem“ oder „Wir müssen an unserer Glaubwürdigkeit arbeiten“ und eben „Mit Transparenz werden wir wieder glaubwürdig“. Ja, die Menschen glauben eben nicht mehr alles. Doch wird Politik zum Beispiel glaubwürdiger bzw. Politiker, wenn sie alle Informationen offen kommunizieren? Glaubt der echte Verschwörungstheoretiker denn, dass der transparent daher kommende Politiker die Wahrheit sagt? Vor allem, was ist denn jetzt die „Wahrheit“? Es gibt in vielen Themen ja einige Wahrheiten die je nach Blickwinkel unbedingt wahr oder falsch sein können. Also wieder die Frage, wer entscheidet denn nun, was die richtige allgemein gültige Wahrheit ist? Das ist, warum ich Mathematik so liebe… 1+1=2 egal ob es dabei rote, grüne, schwarze oder orange Zahlen sind, es führt immer zum selben Ergebnis. Warum ich meinen Mathe Lehrer weniger mochte als die Mathematik? Ganz einfach, er wollte von mir immer den richtigen Rechenweg wissen und hat sich nicht davon überzeugen lassen, dass es doch egal ist, wie ich zu dem Ergebnis gekommen bin, solange es das richtige Ergebnis ist. Vielleicht ist das ja, was aktuell so schwierig ist, besonders in der politischen Entscheidungsfindung. Jeder meint den richtigen Rechenweg zu kennen und verliert dabei aus dem Auge, dass doch das Ergebnis zählen sollte. Bei all der Diskussion über den Rechenweg wird aber genau das oft völlig verfehlt, das richtige Ergebnis.

Gesunder Menschenverstand und ein Gewissen machen Transparenz überflüssig

Mir scheint, wenn sich jeder in seinen Handlungen darauf besinnt, was ihm sein gesunder Menschenverstand und sein Gewissen sagen, wenn Entscheider auch die Verantwortung für ihre Entscheidung übernehmen müssen und vor allem, wenn jeder für sich selber Verantwortung übernimmt, dann wird die ganze „Transparenz Debatte“ wesentlich leiser werden. Wenn das Rauschen leiser wird, so das eben auch geschützte Räume dazu führen, dass jeder seine eigenen Gedanken „hören“ und zu Ende denken kann, wenn also alle Konsequenzen des eigenen Handelns bewusst werden bevor entschieden wird, dann wächst diese Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen. Das genau ist meine Definition von Politik… Verantwortung übernehmen und zwar zuallererst einmal für sich selber, für das eigene Handeln, dann braucht auch keiner Transparenz zu fürchten und kann auch davon nicht gefressen werden.

Endlich einen echten Bundespräsidenten

Jubel, nach Jahren der „Merkwürdigkeiten“ im Präsidentenschloss, endlich ein echter Demokrat!

Ich könnte jetzt vieles schreiben, dass an Joachim Gauck auszusetzen wäre… Tatsächlich fällt mir aber nichts ein, dass ihn als Bundespräsidenten so disqualifizieren würde, wie seine Vorgänger oder die vorgeschlagenen Kandidaten. Umgekehrt gibt es aber sehr viel wirklich wichtiges, das diesen Bundespräsidenten auszeichnet.

Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit die wichtigen Grundwerte unserer Nation, die von den Politik Machenden schon lange nicht mehr als die Wichtigsten beachtet werden. Vor allem aber der Aufruf zur Eigenverantwortung, hat Joachim Gauck für mich zu dem geeignetsten Anwärter auf das Präsidentenamt gemacht. Ja, jetzt haben wir also in den beiden höchsten Positionen die Deutschland zu bieten hat ehemalige DDR Bürger sitzen. Allerdings gehe ich doch einmal davon aus, dass sich die Person auf dem Kanzlerstuhl bald ändern wird (klar hoffe ich da auf einen Norddeutschen 😉

Auch wenn ich als Sozialdemokratin natürlich das Solidarprinzip sehr hoch schätze und lebe, immer und überall nach dem Staat zu rufen, weil man sein Leben nicht mehr im Griff hat und keine Verantwortung für sein eigenes Handeln -oder oft genug auch Nichthandeln- übernehmen will, dass kann nicht funktionieren. Genau das ist, was Gauck anprangert und fordert, wenn er sagt, dass Sarrazin Mut bewiesen hätte damit einiges deutlich auszusprechen. Nicht die wirren rassistischen Äußerungen, für die das Buch -zu recht- an den Pranger gestellt wurde, sondern der Teil in dem uns Deutschen eine Art attestiert wird, die von Eigenverantwortung weit entfernt ist. Aber eben auch, dass deutsche Politiker viel zu verschwurbelt daher kommen. Aus lauter Sorge um die „political correctness“ wird verschleiert was das Zeug hält und Transparenz bleibt eine Floskel, mit der man Wahlen gewinnen möchte. Bürgerbeteiligung ja gerne…aber bitte doch nur da, wo der „dumme Bürger“ nicht all zu viel anrichten kann. Das diese Haltung sowohl auf Bürger als auch auf politischer Seite nicht funktionieren kann, ist im Grunde jedem klar. Doch sei es Bequemlichkeit oder tatsächlich Unwissen um die Möglichkeiten bzw. Chancen echter Bürgerbeteiligung, umdenken ist auf jeden Fall eiligst nötig. Ich traue unserem neuen Bundespräsidenten Gauck zu, dass er dieses Umdenken massiv in Gang setzen kann und wird!

…und seine beeindruckende Gelassenheit, tut uns sicherlich auch ganz gut 😉

Transformation, Nachhaltigkeit und Lebensqualität

Jahr für Jahr warnen Klimaforscher vor den verheerenden Folgen eines unkontrollierten Wirtschaftswachstums. Denn: das derzeit vorherrschende Wirtschaftsmodell ist nicht nur stark krisenanfällig, wie die globale Wirtschafts- und Finanzkrise überdeutlich zeigt, sondern gefährdet zudem die Lebensgrundlage von weiten Teilen der Weltbevölkerung. Eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft auf globaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene ist zwingend notwendig.

Dies stand im Anschreiben zu einem Workshop, zu dem ich eingeladen war. Mein erster Gedanke: „Na toll, sitzen wir also zwei Tage im Kreis und philosophieren darüber, wie wir die Welt retten können“ Aber tatsächlich liebe ich es im Kreis zu sitzen und die Weltrettung zu planen und außerdem waren sehr interessante Referenten angekündigt, also habe ich mich auf den Weg nach Springe gemacht.

Der erste Eindruck war schon weit weg von meinem ersten Gedanken, denn statt der erwarteten Truppe Wollsocken tragender Ökofreaks saßen dort Wissenschaftler, Gewerkschaftsfunktionäre, ein Landtagsabgeordneter und Wirtschaftsvertreter in der Runde. Moderiert wurde das Ganze von Volker Angres (ZDF), der auch die Reportage zum „Erdgipfel“ in Rio 1992 gemacht hat und um diesen Erdgipfel ging es bei diesem Workshop unter anderem. Die erste Frage die im Raum stand war nämlich: „Was ist von den Erkenntnissen und Beschlüssen von Rio denn tatsächlich in den vergangenen 20 Jahren umgesetzt worden?“ Nach kurzem Schweigen, haben dann einige in der Runde festgestellt… nicht genug. Es scheint, dass es nicht möglich ist, ein globales Gespräch in Gange zu setzen, dass jeden erreicht, der an den Missständen die unsere Umwelt offensichtlich zerstören, etwas ändern könnte.

Mein Einwurf, dass dieses globale Gespräch doch im Internet längst stattfindet und nur die Entscheider, die an den richtigen Hebeln sitzen, dieses Gespräch ignorieren (zum Teil ja sogar bekämpfen), wurde leider mit den üblichen „Unfug“ Kommentaren abgetan.

Prof. Dr. Uwe Schneidewind (Präsident des Wuppertal-Instituts) hat in seinem Vortrag „Die Transformation zur klimaverträglichen Gesellschaft“ die wissenschaftlichen Grundlagen zum „Weltverbessern“ sehr anschaulich aufgezeigt. Besonders angenehm war seine Feststellung, dass Wissenschaft nun einmal darauf konzentriert ist klein, klein zu denken und sich daher schwer damit tut, globale Untersuchungen unter Einbeziehung aller denkbaren Faktoren zu machen. Trotzdem ist es gelungen, einige wertvolle Informationen zusammen zu tragen und auszuwerten. Ich versuche ein wenig davon in „nichtakademiker“ Sprache wieder zu geben. Da war zuerst einmal die Betrachtung, welches die Grenzwerte unserer globalen Ökosysteme sind, ab derer sich die Entwicklung nicht mehr umkehren lässt. In den Bereichen Klima, Nitratkreislauf und Artenvielfalt sind diese Grenzwerte bereits erreicht bzw. überschritten. Hier ist es also nötig, weiter zu forschen, um die Folgen dieser unumkehrbaren Faktoren händeln zu können. Auch die Herausforderung, global zu handeln, wurde von Schneidewind sehr gut dargestellt. Er erklärte uns, dass es nötig sei, diejenigen Staaten zu identifizieren, die andere mitnehmen. In meinen Notizen habe ich an diesem Punkt seines Vortrages das Wort „Influenzer“ groß und mit Ausrufezeichen stehen 😉

Natürlich waren die „Schuldigen“ auch sehr deutlich erkennbar, denn wie global gehandelt werden könne, um diese Transformation der Gesellschaft umzusetzen, stellt sich in vier wesentlichen Schritten dar:

  • Umweltanalyse: Die haben wir ja in vielen verschiedenen Variationen lange vorliegen
  • Technologische Lösungen: Auch in diesem Punkt ist bereits sehr vieles erreicht
  • Politische Rahmenbedingungen und Maßnahmen: und hier haben wir also den Schuldigen, denn im Gegensatz zu Wissenschaft und Forschung kommen an diesem Punkt zu den Fakten, Emotionen + Befindlichkeiten + wirtschaftliche Interessen.
  • ökologisches Ergebnis: daher eben hier auch das Empfinden, dass Umweltanalyse und technologische Lösungen so überhaupt gar nichts verändert haben, seit dem Erdgipfel in Rio.

Nun kann ich ja meist nicht sehr viel damit anfangen, wenn mir jemand einen Schuldigen präsentiert, für ein Problem dessen Lösung mich viel mehr interessiert als die Ursachen. In diesem Fall aber, habe ich es als sehr interessant empfunden, denn die Lösungen sind ja bereits in vielen Bereichen vorhanden und da ist es doch wichtig zu wissen, wer die Umsetzung dieser Lösungen behindert. Jetzt kommt dann auch mein Influenzer Prinzip wieder ins Spiel, denn ich bin davon überzeugt, dass wir alle Influenzer sein können, wenn wir nur wissen, warum wir das sein müssen und welchen Virus wir da verbreiten sollen. Es entstand im Anschluss an diesen Vortrag eine Diskussion darüber ob das denn jetzt ein „von oben nach unten“ oder ein „von unten nach oben“ Problem sei. Da wurde dann also festgestellt, man müsse dies gesetzlich regeln und den Menschen verordnen umweltbewusst zu handeln. Andere führten an, dass aber doch Vorschriften und Gesetze nichts nutzen, wenn die Menschen nicht verstehen, warum sie überhaupt so handeln sollen. Das Rebellionen und soziale Aufstände doch zeigen, dass es „von oben nach unten“ nicht funktionieren kann…

Meiner Meinung nach ist aber genau da der Punkt, warum all die wichtigen und eilig umzusetzenden Prozesse nicht wirklich in Gange kommen. Die ewige Diskussion darüber, wer denn jetzt handeln muss. Dabei könnte es doch so einfach sein, denn wenn die Menschen aufgeklärter wären, die Informationen und das Wissen, über Umweltanalyse und technische Lösungen für jeden verständlich aufgezeigt und geteilt würden, dann kann die „Schwarm Intelligenz“ dafür sorgen, „unten“ das Bewusstsein für die nötigen Handlungen zu wecken. Es muss aber eben gleichzeitig auch „oben“ klar werden, dass diese Erkenntnisse auf allen Ebenen umgesetzt werden. Es genügt nun einmal nicht, wenn wir alle Energiesparlampen einschrauben und die Paläste weiterhin hell leuchtend auf ihren Hügeln stehen. Darüber, dass es auch eine grundsätzliche, globale Wertedebatte geben muss, waren wir uns dann aber tatsächlich einig. Wie diese globale Debatte wiederum funktionieren kann, da trennten sich wieder die Meinungen, denn das da in diesem komischen, fremdartigen, unkontrollierbaren Internet diese Debatte längst stattfindet, das wollte so richtig keiner wissen 😉

Der nächste Referent war dann Dr. Udo Klitzke von der IG Metall (ich kann übrigens keinen der Referenten irgendwie verlinken, weil keine Webpräsenzen zu finden sind, auf ich verlinken könnte, das erklärt vielleicht auch, warum keiner meine Hinweise auf sozialen Dialog im Web hören wollte bzw. verstehen konnte) „Die Gestaltungsoffensive der IG Metall“

Neben dem 20 jährigem Jubiläum des Erdgipfels in Rio feiert die IG Metal nämlich in 2012 das 40 jährige der „IGM Lebensqualitätskonferenz“ und auch vieles, das aus dieser Konferenz vor 40 Jahren entstanden ist, hat viel zu dem beigetragen, das heute wohl unter Umweltpolitik fallen könnte. Die Tatsache, dass es doch anfangs darum gehen sollte Arbeit sicherer zu machen, eben Lebensqualität der Arbeitnehmer zu verbessern, führte dazu, dass die Arbeiter verstanden haben, welchen Nutzen sie von Umweltschutzmaßnahmen haben. Dadurch habe sie es natürlich auch nach Hause getragen und dort weiter dafür gesorgt, dass auch ihre Familien von den Erfahrungen am Arbeitsplatz profitierten. Es wurde also aus Arbeitsschutz -> Humanitärer Arbeitsplatz -> Umweltschutz -> Gesundheitsbewusstsein. Der Punkt in dem Vortrag von Dr. Klitzke der mich am meisten zum weiter denken angeregt hat, war seine Feststellung, dass der Dialog zwischen Gewerkschaften und Politik vor 20 Jahren endete und seit her keine erkennbaren positiven Veränderungen für die Arbeitnehmer mehr möglich waren. Die Gewerkschaften haben ihren Auftrag verloren, als sie aufhörten die Lobbyisten der Arbeiter zu sein. Natürlich formulierte der Gewerkschaftsvertreter es anders und selbstverständlich gab er der Politik (besonders der SPD) die Schuld am Ende dieses Dialogs. Ich für meinen Teil habe da eine etwas andere Meinung, aber im Kern stimmt es, der Dialog war eingefroren und das hat heute zur Folge, dass neoliberale Politik alles erreicht was Reiche reicher und Arbeiter und Mittelstand immer ärmer macht.

Am Rande, in einer Pause, hörte ich eine interessante Theorie, warum denn die SPD vor 20 Jahren auch in die Richtung neoliberal geschwenkt sei. Mit Fall der Mauer, wurde der Sozialismus und alles womit er verbunden wurde, zum „noGo“ in unserer Nation. Der Staat hat ausgedient und darf nur noch verwalten, wirklich lenken und entscheiden muss aber die private Wirtschaft. Staatliche Betriebe aus DDR Zeiten mussten ja sowieso irgendwie unter den Hammer, da wurden dann auch gleich die Bundesdeutschen öffentlichen Unternehmen privatisiert (ok, das ist jetzt natürlich sehr viel einfacher ausgedrückt, aber im Kern weiß sicherlich jeder was gemeint ist, hoffe ich) In diesem Schwung der „Entstaatlichung“ hat eben auch die SPD sehr viele Fehler gemacht, die zu der heutigen Situation erheblich beigetragen haben.

Zurück zum Ende des Dialoges zwischen Volkspartei und Gewerkschaft (die ich ja als die Lobbyisten des Volkes sehe), aus meinem Blickwinkel fand diese Entwicklung eben auch bei den Gewerkschaften statt und daher sind Beide, im Ansehen der Menschen die mit „Volk“ gemeint sind, massiv gefallen. Das auf beiden Seiten diese Erkenntnis inzwischen immer mehr stattfindet macht mir Hoffnung, dass wir wenigstens an diesem Punkt endlich soziale Demokratie wieder herstellen können, in dem der Dialog neu aufgenommen wird. Wenn Gewerkschaften ihre „Lobbyarbeit für´s Volk“ erledigen, können Sozialdemokraten auch wieder Volkspartei sein. *vielleicht naive Anmerkungen einer Träumerin? Aber immerhin eine Möglichkeit die verquere Situation wieder in Ordnung zu bringen, irgendwann muss doch irgendwer mal damit anfangen.

 

Damit endete der erste Tag und weil am zweiten Tag das Thema „Wirtschaftsdiskurs, Wachstumspolitik und nachhaltige Entwicklung“ für sich noch einen tollen Artikel ergibt, ende ich hier vorerst. Ich unterstelle einfach mal, dass es sinnvoller ist, das bis hierhin notierte getrennt zum Thema Nachhaltigkeit zu diskutieren 😉

Partizipation…und nu kommst Du!

So kann es gehen, da habe ich die letzten Wochen soviel damit zu tun gehabt, politisch aktiv zu sein, dass mir die Zeit gefehlt hat, hier etwas davon zu schreiben… Na gut, dann eben gleich einen Rundumartikel versuchen, in der Hoffnung, das Meiste dabei zu erwähnen 😉

Eines zieht sich aber durch alle Themen der letzten Wochen: Partizipation, Bürgerbeteiligung oder politische Teilhabe für die Bürger…

Angefangen mit der neuen Internetpräsenz der Gemeinde Scheeßel. Die SPD Fraktion hatte ja gleich zu Beginn der Legislatur als eines der Hauptthemen für unsere Arbeit der kommenden fünf Jahre „Das gläserne Rathaus“ auf die Agenda gesetzt. Der erste Antrag damals lautete folgerichtig, in den Ausschüssen sogenannte „Fachkundige Bürger“ zuzulassen. Diese fachkundigen Bürger können von den Fraktionen in den entsprechenden Fachausschuss entsendet werden um dort zu den politischen Diskussionen ihr Fachwissen einzubringen. Diese Fachkundigen hätten zwar kein Stimmrecht, das bedeutet also, dass bei den Abstimmungen jede Fraktion die ihren Platz für einen Bürger frei macht, auf ihre Stimme verzichtet. Uns ist und war es aber wichtiger auf der Basis von echtem Sachverstand zu diskutieren und die Bürger der Gemeinde in diese Diskussionen einzubeziehen. Dieser Antrag wurde damals aber mit der Mehrheit der CDU abgelehnt. Einige Zeit später haben wir dann beantragt, einen Bürgerinformationsdienst auf der offiziellen Internet Seite der Gemeinde einzurichten, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen und rechtzeitig über anstehende Entscheidungen im Rat zu informieren, damit die Bürger bei Themen die sie betreffen entsprechend ihre Meinung dazu sagen können. Auch dieser Antrag wurde im ersten Anlauf rund-weg von der Mehrheitsfraktion abgelehnt. Darauf hin hat sich ein einzelner Bürger daran gemacht, alle öffentlichen Sitzungen auf seiner privaten Webseite anzukündigen und hinterher zu dokumentieren. Er ist also zu jeder öffentlichen Sitzung erschienen und hat alles mitgeschrieben, was innerhalb dieser Sitzungen gesagt wurde und hat dies im Anschluss meist sachlich korrekt auf seiner privaten Seite veröffentlicht. Dies hatte leider zur Folge, dass unsere Verwaltungschefin gegen diese private Internetseite vorgegangen ist und mit -nennen wir es mal vorsichtig- kreativen Mitteln und Begründungen dafür gesorgt hat, dass dieser engagierte Bürger seine Seite unter anderer Domain und nur mit Login Zugangshürden weiter betreiben konnte. Warum denn nun überhaupt diese Ablehnung jeglicher Bürgerbeteiligung? Dazu habe ich vor einiger Zeit bereits einen Artikel geschrieben: Politik=Frust?

Inzwischen wurde aber wenigstens ein Bürgerinfodienst auf der offiziellen Scheeßel Seite eingerichtet und Bürger können sich nach „nur“ 4-5 Klicks über die anstehenden Sitzungen im Rathaus Scheeßel informieren. Wer also die Muße hat und sich über scheessel.de über Rathaus&Politik zu Bürgerinfodienst und schließlich zum Sitzungskalender durch gearbeitet hat, der darf sich damit belohnen, die Inhalte der anstehenden Sitzungen aus drei verschiedenen Variationen von Einladungen heraus zu finden. Wir waren, als uns dieser neue Bürgerinfodienst vorgestellt wurde auch wirklich zuversichtlich, dass unsere Verwaltung diesen ganzen Aufwand ja sicherlich nicht betrieben hat, um die neue Plattform jetzt ungenutzt zu lassen… doch schade, klickt sich der interessierte Bürger durch diesen langen Weg zur Info, vielleicht aktuell auf der Suche nach Details zur nächsten Ausschusssitzung Wirtschaft/Tourismus/Kultur und Heimatpflege, in dem ein renommierter Planer uns das Thema „Bürgerbus“ genauer vorstellen wird, bekommt er im Moment (Stand 14.06.2011) das hier zu sehen:

Im Bild habe ich einmal die Symbole am Rand benannt, damit jeder erkennt, dass genau diese Informationen wegen derer der interessierte Bürger überhaupt bis zu diesem Kalender durch klickt, bei den wirklich für die meisten Scheeßeler interessanten oder sogar wichtigen Sitzungen, fehlen.

Warum nur wird in Scheeßel alles daran gesetzt, den Bürger von öffentlichen Sitzungen fern zu halten? Im Falle der Sitzung am 27.06.2011 zum Beispiel, könnte man vermuten, dass es etwas damit zu tun hat, dass das Thema „Bürgerbus“ auf Antrag der Oppositionsfraktionen überhaupt behandelt wird. Der Referent Herr Stempel kommt auf Einladung der SPD Fraktion nach Scheeßel und zum Gelingen dieses Bürgerbus Projektes ist eine hohe Bürgerbeteiligung von Anfang an sehr wichtig. Die Bürgermeisterin hatte sich sehr darüber echauffiert, als ich ihr mitteilte, dass wir eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema Bürgerbus planen und mir vorgeworfen, wir würden daraus ein parteipolitisches Thema machen. Tatsächlich ist es aber auch Parteipolitik, Themen die von Seiten der SPD, der Grünen oder der „Freien“ kommen, als Verwaltungssache zu behandeln, Themen der CDU aber immer auch deutlich als CDU Sache zu titulieren… Oder ist das vielleicht nur mein Eindruck?

Noch wichtiger ist es, dass zur Ratssitzung am 30.06. genauere Informationen zu den Inhalten der Sitzung bekannt gemacht werden, denn das ist die letzte Ratssitzung vor der Kommunalwahl und Bürger, die ihre Entscheidung für die Kommunalwahl am 11.09.2011 anhand von tatsächlicher Ratsarbeit der aktuellen Mandatsträger fällen wollen, statt aufgrund von Wahlkampfsprüchen, die haben dann die letzte Gelegenheit dazu.

Wenn also der, von uns immer wieder ernst genommene und ins Rathaus getragene, Ruf nach mehr Partizipation und Bürgerbeteiligung in Scheeßel, wirklich ernst gemeint ist, dann freue ich mich darauf, diejenigen die sich tatsächlich beteiligen wollen in den nächsten Wochen im Rathaus zu treffen. In einer Demokratie entscheiden Mehrheiten, wer also die Politik ändern will, der muss an den Mehrheiten etwas ändern…

Noch ein Hinweis in Fraktionspolitischer Sache… Die SPD Fraktion im Gemeinderat Scheeßel hat jetzt auch eine eigene Facebookseite Wer also über Sitzungen und Themen informiert sein möchte, ohne dafür stundenlang durch die Hürden der offiziellen Seite oder das leider zum Selbstschutz des Betreibers nötige Login des engagierten Bürgers, zu klicken, der kann ja einfach auf den „gefällt mir“ Button oben auf der Seite dort klicken, dann wird er laufend über Sitzungen und Inhalte der Sitzungen informiert. Leider auch nur im Rahmen des von unserer Bürgermeisterin erlaubten, denn sie kontrolliert alles und wenn ihr nicht passt was da steht, dann findet sie immer irgend einen Weg, öffentliche Information zu unterbinden… selbst auf Pressemitteilungen in denen wir uns erfreut über eine Entscheidung im Verwaltungsausschuss geäußert haben, hat sie uns darauf hingewiesen, es stünde uns nicht zu, dies zu tun… Wenn wir allerdings öffentlich etwas gefragt werden, dann dürfen wir antworten, das bedeutet für die Bürger in Scheeßel, die eine Frage auf der Facebookseite stellen, dass wir diese auch beantworten soweit möglich. Auch können wir Anregungen und Hinweise die uns die Bürger unserer Gemeinde dort hineinschreiben aufnehmen und weiter tragen. Das ist für uns ein Teil Bürgerbeteiligung und daher hoffen wir natürlich auf viele Menschen, die dieses Medium nutzen, um die Politik in Scheeßel mit zu gestalten.

 

Transparente Kommunalpolitik überfordert die Bürger?

Es könnte doch so einfach sein, in einer rund 13.000 Einwohner zählenden Gemeinde Ratsarbeit im Sinne der Mehrheit aller Bürger zu machen. Das Internet bietet schließlich alle Möglichkeiten, die es braucht, auch die Menschen zu erreichen, die nicht täglich ins Rathaus laufen, um sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen… KÖNNTE! Wenn es denn gewollt wäre alle Bürger ein zu beziehen…

Tatsächlich ist es aber so, dass es in unserer kleinen Gemeinde Scheeßel so gar nicht gewollt ist, die Bürger in Entscheidungsprozesse mit ein zu beziehen. Schlimmer noch… Selbst die Ratsleute, die nicht in der Mehrheitsfraktion sind, werden aus mancher Entscheidung einfach herausgehalten. Da werden Beschlussvorlagen, die Basis auf der die gewählten Volksvertreter Entscheidungen treffen, so spät zugestellt, dass es kaum möglich ist, sich fundiert mit dem anstehenden Thema zu befassen. Nun sind wir ja in so einem Gemeindeparlament alles nur „Hobbypolitiker“ die ehrenamtlich, neben der normalen Arbeit, Politik machen. So kommt es auch, dass meist Rentner und Beamte in den Kommunalparlamenten sitzen, denn wer von morgens 7:00 Uhr bis abends 19:00 Uhr für den normalen Broterwerb unterwegs sein muss, der hat ja gar keine Zeit für Ratsarbeit. Gerade in unserer Gemeinde ist das besonders dadurch ausgeprägt, dass wir hier in erster Linie „Wohnort“ sind. Das heißt, die meisten Arbeitnehmer hier im Ort, pendeln zwischen Hamburg, Bremen oder sogar Hannover und Scheeßel hin und her. Selbst wer also schon um 17:00 Uhr Feierabend hat, muss immer noch wenigstens eine Stunde Fahrt hinter sich bringen um Zuhause anzukommen. Sitzungen in unserem Rathaus fangen aber oft genug bereits um 16:00, 17:00 oder spätestens 19:30 Uhr an. Der pendelnde Arbeitnehmer hat also schon einmal gar keine Zeit, sich an der politischen Entscheidungsfindung in unserer Gemeinde zu beteiligen. Die einzige Chance, hier ein bisschen Informationen zu bekommen, ist die Tageszeitung, die im Anschluss an die öffentlichen Sitzungen berichtet, was beschlossen wurde. Im Internet, dem Medium auf das alle zugreifen können, wenn sie gerade Zeit dafür haben, steht nichts.

Kommunale Entscheider müssen sich um viele grundverschiedene Themen kümmern. Das Spektrum reicht von Kindergärten bis Straßenbau, von Bauvorschriften bis Betreuungszeiten und vor allem dreht es sich immer darum, wie mit den Steuern der Bürger sinnvoll umgegangen wird, so dass auch alle etwas davon haben… So sollte es zumindest sein. Die „großen“ Politiker auf Landes- und Bundesebene haben dafür ja Berater und Mitarbeiter, die Hintergrundinformationen beschaffen und bei wirklich komplizierten Sachverhalten die zur Entscheidungsfindung nötigen Kompetenzen beitragen. In einem kleinen Kommunalparlament sind die Ratsleute darauf angewiesen, diese Fachinformationen selber zu suchen bzw. bei Fachleuten zu erfragen. Es ist also wichtig, die zur Entscheidung anstehenden Themen und Inhalte rechtzeitig zu erfahren, um eben diese Informationen einholen zu können. Wenn also die Vorlagen, aus denen wir überhaupt erst erfahren, welche Themen anstehen, erst auf den letzten Drücker, den Ratsleuten vorliegen, bleibt keine Zeit, sich korrekt vorzubereiten.

Noch schlimmer ist es da, dass Bürger, die eventuell durch diese Entscheidungen betroffen sein könnten, erst dann über bestimmte Sachverhalte informiert werden, wenn dieses Thema in einer öffentlichen Sitzung diskutiert wird. Der Termin für diese öffentlichen Sitzungen erscheint meist kurzfristig in der Tageszeitung und der Bürger kommt dann ins Rathaus, um den Diskussionsverlauf zu verfolgen, kann aber überhaupt nicht mitreden. Es gibt zwar die Möglichkeit Fragen zu stellen, aber dies findet ganz am Anfang der Sitzung statt und zu diesem Zeitpunkt wissen die Menschen, die sich im Rathaus eingefunden haben meist noch gar nicht, was genau denn im Laufe der Sitzung diskutiert werden soll. Egal was also im Rat der Gemeinde Scheeßel entschieden wird, es wird von einigen gewählten Vertretern entschieden. Den meisten Scheeßelern ist da das Wählen schon vor vielen Jahren vergangen. Der immer wieder gehörte Satz:“ Die machen doch eh nur was sie wollen“ trifft hier leider deutlich ins „Schwarze“… Tatsächlich gehen hier nur noch die konservativen Wähler zur Urne, was zur Folge hat, dass aktuell 19 CDU Ratsleute gegenüber einer 12 Mann/Frau „starken“ Opposition sitzen. Diese extremen Mehrheitsverhältnisse werden noch verschärft, durch eine hauptamtliche Bürgermeisterin, die (ebenfalls CDU natürlich) mehr Politikerin ist, als Verwaltungschefin. Was in unserer Verwaltung entschieden wird, ist also oft klar von Parteipolitik geprägt, was in einer Kommune ja so gar nicht vorkommen dürfte. Die Politikverdrossenheit bei uns am Ort wächst also unaufhaltsam weiter.

Um jetzt den Bürgern die Möglichkeit zu geben, an diesen Entscheidungsfindungen im Rat mit zu wirken, haben wir als SPD Fraktion bereits vor mehr als 2 Jahren den Antrag gestellt, einen Bürgerinformationsbereich auf der gemeindeeigenen Internet Präsenz einzurichten, in dem eben diese oben erwähnten Informationsvorlagen öffentlich einsehbar sein sollten. Auch Sitzungsprotokolle und andere Unterlagen, die den Bürger in die Lage versetzen könnten, die Entscheidungsfindung nach zu vollziehen bzw. in Themen die sie betreffen auch eingreifen zu können. Wir sind der Meinung, dass unsere „Auftraggeber“ also die Bürger, doch durchaus in der Lage sind, zu beurteilen, was sie selber wollen. Vor allem, scheint vieles schlicht einfacher zu entscheiden, wenn die Themen relevanten Informationen vorab von Menschen beurteilt werden, die von dem jeweiligen Sachgebiet auch etwas verstehen.  Dieser Antrag ist damals aber solange in die unterschiedlichsten Gremien verwiesen worden, dass bis heute darüber nie entschieden wurde. Deshalb haben wir eben diesen Antrag noch einmal gestellt…

Inzwischen haben einige Bürger unserer hübschen Gemeinde begonnen, eben diese Informationen einzufordern und ein besonders engagierter Mitbürger hat auf seiner Internetseite eine Art Infoservice gestartet, in dem er an jeder öffentlichen Sitzung im Rathaus teilnimmt und alles was da diskutiert wird genau mitschreibt. Dieser engagierte Bürger wurde allerdings von Seiten unserer Verwaltungschefin abgemahnt. Nein, natürlich nicht dafür, dass die CDU oder die Bürgermeisterin in seinen Berichten nicht gerade positiv dargestellt werden, sondern weil er eine Domain nutzt, die unsere Verwaltung plötzlich für sich beansprucht und vor allem weil er (und das ist leider tatsächlich rechtswidrig), Inhalte der offiziellen Scheeßel.de Seite in seine eigene hinein kopiert. Es entsteht also stellenweise der Eindruck, diese Seite sei die offizielle Gemeindeseite und da hat die Gemeinde eben nicht nur das Recht auf ihrer Seite, sondern wir als Ratsleute auch die Pflicht, diesen Rechtsanspruch mit einzufordern. Mir persönlich geht das natürlich ganz gewaltig gegen den Strich… Wenn jetzt aber die Informationen die dieser engagierte Bürger dort zur Verfügung stellt, von vorn herein auf der offiziellen Scheeßel.de Seite stehen würde, hätte er ja gar keine Veranlassung mehr, selber aktiv zu werden. Dies war auch unser Argument, unseren Antrag zu erneuern. Das hat dann wohl auch unsere Bürgermeisterin so gesehen, denn eine Woche nachdem unser Antrag (zum nachlesen bei Mr. Wong) im Rathaus eingegangen ist, entstand eine eigene Beschlussvorlage der Verwaltung. In dieser Vorlage wird angeboten, man könne die Sitzungstermine, Einladungen zur Sitzung und genehmigte Protokolle auf der Seite veröffentlichen. In der mehrere Seiten langen Erklärung steht dann, dass (mit meinen Worten interpretiert) den Bürgern der Gemeinde Scheeßel nicht zugetraut wird, weitere Informationen zu Themen die im Rat entschieden werden, zu verstehen. Auch wird auf die Gefahr hingewiesen, dass es ja ungeahnte Folgen haben kann, wenn Informationen ins WWW gestellt würden, schließlich kann dann ja die ganze Welt lesen, was wir in Scheeßel so beschließen… Es wird dann auch noch darauf hingewiesen, dass ja Google Street View und Wikileaks aktuell zeigen, wie „gefährlich“ es ist, Informationen über das Internet zu veröffentlichen… Ok, als Blogleser werdet ihr jetzt wahrscheinlich an dieser Stelle eine kleine Pause brauchen um die Lachtränen zu trocknen 😉 Wir müssen uns aber tatsächlich, ernsthaft und sachlich mit derartigen „Argumenten“ auseinander setzen…

In der ersten (nichtöffentlichen) Diskussion zu diesen beiden Anträgen, fielen Äußerungen, die ich leider (da nichtöffentliche Sitzung) hier nicht wieder geben darf. Ich für meinen Teil bin aber wirklich entsetzt darüber, wie CDU Kommunalpolitiker (zumindest hier vor Ort) ihren Auftrag als gewählte Ratsherren verstehen. Es bleibt spannend, wie denn dieses Thema in öffentlicher Sitzung besprochen wird, denn dann sitzen hoffentlich die Bürger im Ratssaal, denen diese Informationen vorenthalten werden, aktuell mit der Begründung sie könnten diese Informationen ja sowieso nicht verstehen… Wen´s interessiert, am 16.12.2010 findet diese öffentliche Ratssitzung ab 19:30 Uhr im Rathaus Scheeßel statt.