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Zu viel zu schnell zu bitter

Es ist einfach nichts mehr einfach. Worüber soll man denn noch schreiben? Ja, es passiert genug, viel zu viel sogar. Doch bis ich hier die Überschrift getippt habe, wurde anderswo bereits die nächste Sau durchs Dorf gehetzt und jeder noch so gründlich recherchierte, fleißig überlegte, abgewogene Text ist längst überholt.

Hält noch irgendjemand mit, bei all den Schreckensnachrichten, den Katastrophenmeldungen und den Hiobsbotschaften? Ich muss für mich feststellen, nein ich halte nicht mehr mit. Deshalb schreibe ich auch nicht mehr in meinen Blog. Wenn ich etwas schreibe, will ich sicher sein, dass ich korrekte Informationen liefere und keine Propaganda. Ja, natürlich habe ich meine Meinung und noch ein Ja, denn die Meinungsfreiheit ist ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Doch auf welchen Informationen die eigene Meinung basiert, darauf kommt es doch an.

Es ist noch keine Hundert Jahre her, da haben wir Deutschen unsere Meinung auch auf falschen Informationen basierend gebildet. Das Ergebnis war verheerend. Manche dieser Fehlinformationen, klingt irgendwie unangemessen dieses Wort in dem Zusammenhang, betraf meine politischen Vorfahren der SPD. Noch viel schlimmer endeten diese Behauptungen und Unterstellungen für jüdische Menschen in unserem Land. Doch in manch deutschem Kopf halten sich diese Lügen, die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder klar als Lügen enttarnt wurden, so massiv, dass wir in weniger als einem Jahrhundert mit den gleichen bösen Grundlagen der einstigen Katastrophe in die nächste jagen.

Die Pressefreiheit, die andere unersetzbare Säule unserer Demokratie, was ist sie wert, wenn jeder inzwischen selbst verbreiten kann was er/sie will? Was bringt es denn, wenn sich die Menschen nur noch in ihren eigenen Informationsblasen bewegen und glauben, sie würden ihre Meinung auf echten Tatsachen aufbauen? Ich habe es aufgegeben, mich auf Diskussionen einzulassen. Meine Meinung mag ich kaum noch sagen, denn am Ende höre ich ja eh nur „Du Soze bist ja auch völlig verblendet und würdest nie zugeben, dass ihr Deutschland kaputt macht“ Wie geschichtsvergessen das ist, verstehen nur noch diejenigen, die sich eben nicht nur über Facebook, TikTok oder irgendwelche Telegramm-Gruppen informieren.

Was muss denn noch passieren, damit die Menschen verstehen, dass Hass und Hetze alles zerstört? Wenn Demokraten ihre Meinung nicht mehr sagen dürfen, weil Schreihälsen mehr Kompetenz zugetraut wird, als den Ruhigen. Wenn diejenigen, die noch an der Überschrift feilen, überlegen und recherchieren, am Ende unglaubwürdig scheinen, weil die erste, schnellste Meldung als die einzige wahre Meldung gilt, stirbt die Demokratie und mit ihr die Freiheiten auf denen sie fusst.

Mach mal den Ton leiser

Es ist ja sowieso egal… Ist es mal wieder soweit, alles schreit durcheinander, niemand will mehr wissen was der Andere sagt oder meint, alle haben Recht und keiner irgendeine Ahnung? Ach ja und Schuld ist nur die SPD, oder wahlweise je nach Blickwinkel der Parteivorstand oder die Jusos, die Alten oder die Jungen, die Linken oder die Rechten, die Oben oder die Unten.

Herrje, als wenn es etwas nützen würde, wenn man irgendwem für irgendwas die Schuld gibt. Im Gegenteil! Lösungen egal für welches Problem finden sich nicht, wenn von allen Seiten nur geschrieen wird. Mir persönlich gefällt ja die Variante „Der dritte Weg“ von Ulf Buermeyer ziemlich gut. Da steckt dann wirklich viel Mut und Veränderungswille drin und außerordentlich viel Demokratie liefert dieser 3. Weg auch noch mit. kleiner Nachtrag: mir ist erst im Nachhinein bekannt geworden, dass die Bezeichnung Der dritte Weg einen braunen Nebengeschmack hat. Tatsächlich finde ich es allerdings auch ätzend, wenn auf alles und jedes irgendein Nazi-Schleier gelegt wird. Hier ist auf jeden Fall eine dritte Möglichkeit für die Sozialdemokratie gemeint und damit so ziemlich das genaue Gegenteil zur braunen Variante

Doch wer hat diesen Mut?

Die Union hat sich geweigert, eine Minderheitsregierung überhaupt in Betracht zu ziehen. Die FDP hatte ja nicht mal die Eier, sich auf eine, auf Bundesebene ja auch noch nie dagewesene, Jamaika-Koalition einzulassen. Beide könnten aber mit Neuwahlen noch einiges verlieren. Da ist es ja logisch, dass ihnen eine GroKo als sicherstes Lösungsmodell am liebsten wäre. Deswegen aber unqualifiziert dazwischen brüllen und der SPD Zerrissenheit oder Verantwortungslosigkeit zu unterstellen… Auch dieses ewige „Martin Schulz ist erledigt und muss weg“ von der Seitenlinie einzustreuen, macht es nicht besser. Wenn dann auch noch der urdemokratische Mitgliederentscheid als völlig undemokratisch bezeichnet wird, weil ja der Wählerwille über dem der Parteimitglieder steht, dann wird es richtig schräg. Schließlich gibt es keinen einheitlichen Wählerwillen, sonst bräuchte es doch diese ganze Diskussion gar nicht. Die Wähler der FDP haben doch ihr Kreuz auch mit dem Ziel gesetzt, dass die Liberalen wieder mitmachen. Hat C. Lindner aber ja nun auch nicht interessiert, wie viel Wählerwille er mit dem Scheitern der Jamaika Sondierungen mit Füßen tritt. Auch die 20% die SPD gewählt haben, wollten sicher nicht, dass mit ihrer Stimme CSU Forderungen umgesetzt werden. Es gäbe sicherlich noch viele Varianten, wie der vermeintliche Wählerwille ausgelegt werden könnte, hundertprozentig korrekt wäre keine. Bei Grünen und der Linken bin ich eher zuversichtlich, dass die diesen dritten Weg mit gehen würden. Irgendwie könnten die dann ja auch ein bisschen mit regieren und besser als die letzten vier Jahre, oder in einer AfürDussel geführten Opposition wäre es allemal. Na ja und letztgenannter Haufen, hat sowieso mit sich selber genug zu tun. Die könnten bei jeder Variante dafür oder dagegen sein und haben ja bereits nach den ersten Beschlüssen des Parlaments erklärt sie wären im Krieg. Tja…

Wer nichts mehr zu verlieren hat, kann doch am meisten gewinnen, oder?

Vielleicht sehe ich ja alles viel zu schwarz und die SPD hat noch irgendeine Chance, nach weiteren vier GroKo Jahren oder bei Neuwahlen im März/April, deutlich mehr als die 20% vom letzten September zu bekommen. Falls in den anstehenden Koalitionsverhandlungen nicht wirklich noch ein Wunder geschehen sollte, glaube ich allerdings nicht, dass die SPD noch mehr zu verlieren hat. Selbst Würde und Stolz dieser großen, alten Volkspartei hätten dann womöglich schweren Schaden genommen. Ausgerechnet in einer Zeit, wo es den gerechten Widerstand der Sozialdemokratie braucht , weil es in der Welt, in Europa und in Deutschland immer heftiger brennt, soll die SPD untergehen? Ok, gar so schwarz sehe selbst ich es nicht… trotzdem, zu verlieren hätte die alte Tante SPD nichts, würde sie es mit dem dritten Weg versuchen, aber sehr viel zu gewinnen. „Ich will Bundeskanzler werden!“ Ja denn man los Martin, meine Stimme hattest und hast du dafür und die 20% SPD Wähler haben dir den Auftrag dazu erteilt… Das wäre dann Wählerwille umsetzen, nicht von allen aber von denen die der SPD den Auftrag erteilt haben. So anstrengend das dann zukünftig wäre, alles ist besser als die möglichen Alternativen…

Neues aus dem Rathaus zu Scheessel, vom Riechen und Schmecken

Manches darf man sich bekanntlich auf der Zunge zergehen lassen, anderes wird als geschmacklos empfunden. Wenn allerdings eine Bürgermeisterin in der Ratssitzung erklärt, es würde „riechen“ wenn ein Antrag auf Kulturförderung mehrheitlich angenommen wird und es gäbe ein „Geschmäckle“ weil ebenfalls mit Mehrheitsentscheidung der Preis für ein schwer verkäufliches Grundstück gesenkt wird, weigert mein Geschmackssinn sich, dass zu schlucken.

Ja, im Rat unserer Gemeinde hat sich vor zwei Jahren einiges verändert. Es könnte inzwischen der Eindruck entstehen, jetzt wird da endlich in der Sache diskutiert und wenn es sein muss auch gestritten. Aber nein, weit gefehlt. Wenn es gerade passt, dann wird sich eben doch wieder angegiftet und mit Beleidigungen und einem flexiblem Umgang mit der Wahrheit Politik gemacht, statt eine andere Sicht, andere Meinungen, Argumente und vor allem Mehrheitsentscheidungen gelten zu lassen. Demokratie ist sicherlich nicht immer einfach und es gehört einiges dazu, auszuhalten wenn einmal die eigenen Ansichten nicht der Mehrheitsmeinung entsprechen. Das kann ich sehr gut beurteilen, denn die ersten fünf Jahre als Ratsfrau saß ich schließlich einer absoluten CDU Mehrheit mit ihrer CDU Bürgermeisterin vorne weg, gegenüber und musste egal welche Argumente ich vorbrachte aushalten, dass trotzdem anders entschieden wurde. Ist nicht leicht, aber keiner hat je behauptet Demokratie wäre leicht.

Das mit dem anderen Blickwinkel

Bevor ich behaupte, jemand anderes würde lügen, oder ihn in irgendeiner anderen Weise beleidige, schaue ich mir das diskutierte Thema sehr gerne von verschiedenen Seiten an. Warum das wichtig ist? Hier ein einfaches Beispiel:
Schaut jemand aus diesem Winkel auf den Becher, wird er sicherlich einen braunen Pott ohne Aufschrift und Henkel beschreiben.
Sitzt neben ihm jemand, der den Becher beschreibt, wird er die Aufschrift und den Henkel erwähnen und hätte die Wahl, seinen Nebenmann entweder als Lügner zu bezeichnen (der hat ja gesagt, es gebe keinen Henkel und auch keine Aufschrift) oder aber sich leicht zu ihm hinüber beugen, um zu erkennen was der andere sieht.
Der dritte im Bunde könnte sich natürlich einmischen und rufen, dass die anderen Beiden ja Blödsinn erzählen… Ok ich glaube es ist deutlich, worauf ich hinaus will.
Dieser kleine Wechsel des Blickwinkels ist ganz offensichtlich weder für unsere Ratskollegen von der CDU noch für die Bürgermeisterin möglich. Es mag daran liegen, dass nach Jahrzehnte langer absoluter Mehrheit schlicht der Bewegungsapparat so eingerostet ist, dass es nicht mehr funktioniert. Dafür hat sicher jeder Verständnis und es braucht auch auf der anderen Seite sicher noch einige Zeit, bis da alle damit zurecht kommen jetzt „das Sagen“ zu haben. Schließlich birgt es ja auch einiges an Verantwortung die Entscheidungen zu treffen. Auf die leichte Schulter darf das keiner nehmen und daher muss jetzt noch gründlicher geschaut werden, ob denn auch wirklich jede Perspektive betrachtet wurde, vor dem Entscheiden.
Zur Sache
Wurde uns ja zum Ende der letzten Ratsperiode eine rot/grüne Hörschwäche unterstellt, ging es in der Ratssitzung zwei Jahre nach dem Wechsel um Geschmäckle und Gerüchle. Es wurden Unterstellungen in den Raum geworfen, die sehr hart an der Grenze zur Verleumdung kratzen. Da hört der Spaß auf, denn abgesehen davon, dass es schlicht nicht stimmte, was uns da unterstellt wurde, hat so etwas in einer Ratssitzung doch bei aller unterschiedlicher Meinungen nichts zu suchen. Wenn obendrein dann auch noch persönliche Beleidigungen in Richtung anwesender Zuschauer gerufen werden – Zum Antrag auf einen Defizitausgleich meinte der stellvertretende CDU Fraktionsvorsitzende in Richtung des Antragstellers, er könne wahrscheinlich einfach nicht rechnen und jetzt soll die Gemeinde dafür zahlen das er sich verkalkuliert hat – dann ist doch nun wirklich jede Grenze des guten Geschmacks endgültig überschritten.
 
Alles Wahlkampf?
Ich glaube wirklich langsam, dass es etwas mit dem aktuellen Bundestagswahlkampf und auch mit dem beginnenden Kampf um Bürgermeister- und Landratsamt – 2014 wird beides hier neu gewählt – zu tun hat. Doch ganz ohne Parteibrille oder eigener politischer Meinung… Ist es nicht sehr viel besser, mit verantwortungsbewusster Politik und guten Argumenten um Mehrheiten zu kämpfen, als mit Unterstellungen, Lügen und Beleidigungen? Ich finde es schon ekelerregend genug, dass offenbar keine böswillige „Möchtegern Enthüllung“ widerlich genug ist, um nicht drei Tage vor der Wahl aus irgendwelchen Schubladen gezerrt zu werden. Ob an diesen Unterstellungen und Vorwürfen wirklich etwas dran ist, kann bis zum Wahltag nicht mehr geklärt werden. Und selbst wenn sich noch herausstellt, dass da nur jemand Wahlkampf der schmutzigsten Art gemacht hat… irgendwas bleibt ja immer haften, wenn mit Dreck geworfen wird. Hoffentlich auch an dem der damit geworfen hat.
Meinungen sind sicherlich auch eine Frage des Geschmacks

Meinungen durch Lügen und Unterstellungen zu manipulieren ist aber eben so sicher Geschmacklos

Niedersachse, Du hattest die Wahl

Na das war doch mal ein Krimi, die Landtagswahl von Niedersachsen am 20.01.13 scheint in die Geschichte eingehen zu wollen. „To close to call“ das hatten wir doch erst im November bei den US Wahlen, aber selbst da hat sich dann doch noch ein eindeutigeres Ergebnis herausgestellt, als hierzulande. 

Foto Guido Menker, Rotenburger Kreiszeitung

Foto Guido Menker, Rotenburger Kreiszeitung

Ob es wirklich für alle Niedersachsen ein Krimi war, wage ich zu bezweifeln. Es haben zwar ein paar Wähler mehr den Weg ins Wahllokal gefunden und auch die ungültigen Stimmzettel waren dieses Mal weniger, doch insgesamt sind immer noch 40% aller Wahlberechtigten anscheinend der Meinung, es geht sie nichts an. Mich macht das ratlos, denn über politische Entscheidungen schimpfen können doch auch alle. Von einigen höre ich dann, es gäbe keine Partei die wählbar wäre… Das lässt sich doch schnell als Ausrede enttarnen, denn inzwischen gleicht so ein Wahlzettel ja einem umfassenden Wunschzettel der sämtliche politischen Windrichtungen abbildet. Elf Parteien! Mindestens fünf davon auch mit einem Direktkandidaten, somit also auch direkten Ansprechpartnern für jene, die das Gebilde Partei nicht so richtig greifen können und sich lieber an Personen orientieren. Wer also verstanden hat, dass „die Wahl haben“ ein großartiges demokratisches Mittel ist, seine eigenen Interessen zu bekunden, der konnte mit diesen Direktkandidaten das Gespräch suchen, um zu klären wer seine Interessen am ehesten im niedersächsischen Landtag vertreten könnte. Inzwischen sind ja auch viele der zur Wahl Stehenden in den Sozialen Netzwerken zu finden und zum Dialog im Internet bereit. Doch tatsächlich wird auch dieses bequeme Mittel zur eigenen Meinungsbildung nicht genutzt, sondern mit dem Spruch „lass mich doch mit eurer sch..ß Politik in Ruh!“ abgelehnt. Kann es sein, dass so viele wahlberechtigte, dem Alter nach mündige Menschen noch immer nicht begriffen haben, dass Politik nur solange von den vermeintlich Falschen gemacht wird, wie sie sich weigern zur Wahl zu gehen und ihre Stimme den „Richtigen“ zu geben?

Wechsel geschafft, wenn auch „nur“ mit einer Stimme Mehrheit

Ok, den Frust über „Wahlverweigerer“ musste ich mir mal schnell von der Seele schreiben. Doch tatsächlich darf ich mich als Sozialdemokratin ja freuen, habe ich doch selber sehr aktiv für den Regierungswechsel gekämpft und gearbeitet. War ja wirklich eng. Doch gar so ungewöhnlich und einmalig war das ja nicht. Ich erinnere mich noch gut an die letzte Niedersachsen Wahl. Nein, damals waren wir hier eindeutig und schon bei der ersten Prognose weit abgeschlagen. In Hessen wurde aber ebenfalls gewählt und während wir in NDS ganz unglücklich über unsere eigenen Ergebnisse waren, schien die SPD in Hessen die Wahl gewonnen zu haben. Im Laufe der Nacht war dann aber doch der Herr Koch von der CDU als Ministerpräsident wieder gewählt. In Schleswig-Holstein und Nordrhein Westfalen hat sich die CDU auch am Morgen nach dem Wahlsonntag noch als Sieger gefühlt, heute regieren beide Länder Sozialdemokraten. In einigen Bundesländern konnten nur große Koalitionen aus SPD und CDU überhaupt regierungsfähige Mehrheiten bilden, weil die Wahlergebnisse keinen eindeutigen Wählerwillen erkennen ließen. Ja, wenn´s nach mir ginge, dann dürfte das Hamburger Ergebnis Schule machen. Um 18:00 Uhr am Wahlabend bereits zu wissen, dass noch nicht einmal Koalitionsverhandlungen nötig sein werden… hach war das toll.

Ein-Stimmen-Mehrheit fast schon normal

Für mich ist es schon beinahe Gewohnheit, dass es auf jede einzelnen Stimme ankommt, um Mehrheiten zu schaffen. Sowohl hier im Gemeinderat in Scheeßel, als auch im Kreistag von Rotenburg Wümme, haben die Gruppierungen abseits der CDU gerade mal eine einzige Stimme mehr. Das ist wirklich manchmal sehr anstrengend, denn jede Entscheidung gilt es sehr gründlich zu diskutieren, damit auch wirklich jeder guten Gewissens zustimmen oder ablehnen kann. Links vom politischen Spektrum ist Fraktionszwang absolut ausgeschlossen. Daher sind auch die Koalitionsverhandlungen bei uns so ausführlich und aufwendig, denn für die wichtigsten Themenbereiche müssen sehr klare Rahmen geschaffen werden, um nicht vor jeder anstehenden Entscheidung um jede Stimme in den eigenen Reihen kämpfen zu müssen. Auf CDU Seite wird das gerne als Fraktionsdisziplin bezeichnet, wenn bei Abstimmungen alle gleichzeitig den Arm heben. Oft genug erlebe ich aber, dass einzelne CDU Fraktionsmitglieder mit der Entscheidung für die sie da den Arm gehoben haben überhaupt nicht einverstanden sind und nur weil das so muss abgestimmt haben. In Ausschusssitzungen sind dann oft die Abweichler durch Linientreue vertreten, um sicher zu stellen das die Fraktionsmeinung einstimmig ausfällt. Im Kreistag haben wir mit den Grünen und der freien Wählergruppierung WFB eine Gruppe gebildet, um diese eine Stimme mehr zu haben. Die Gruppensitzungen sind trotz der sauberen Rahmenbedingungen des Koalitionsvertrages, manches mal hoch spannend. Es kommt auch vor, dass Themen zur Diskussion stehen, da haben wir innerhalb der SPD noch nicht einmal eine gemeinsame klare Meinung. Genau in diesen Themen ist es aber dann besonders wichtig, dass sachlich diskutiert und sauber argumentiert wird. Da kann sich keiner hinterher rausreden er hätte das nicht gewusst, oder er wäre sich der Konsequenzen dieser Entscheidung nicht klar gewesen. Also kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass so knappe Mehrheiten -zumindest wenn die eine Stimme mehr auf der linken Seite steht- gut sind für demokratische Entscheidungsprozesse. Nichts wird einfach mal durch gewunken, nur weil man ja eh die Mehrheit sicher hat.

Der echte Wermutstropfen

Was es mir allerdings wirklich schwer macht, mich über den Regierungswechsel in Niedersachsen uneingeschränkt zu freuen, ist die Tatsache, dass wir hier im Landkreis sowie auch in den direkten Nachbarkreisen keinen einzigen SPD Landtagsabgeordneten mehr haben. Wahl gewonnen und doch verloren. Wie kann sowas passieren? Da gibt es viele Gründe. In jedem Wahlbereich kann nur ein CDU oder ein SPD Kandidat direkt in den Landtag einziehen. Das heißt, dass der Wähler gut daran tut, seine Erststimme nur einem der beiden Kandidaten von SPD oder CDU zu geben. Das Kreuz beim Grünen oder beim FDP Kandidaten zu setzen ist tatsächlich verschenkt, denn keiner von beiden hat je die Chance die Mehrheit aller Stimmen auf sich zu vereinen. Bei den CDU und FDP Wählern ist das verstanden worden, dort waren alle Erststimmen bei der CDU Kandidatin, nur die Zweitstimme die darüber entscheidet welche Partei mit wie viel Prozent in den Landtag gewählt wird, wurde -in diesem Fall etwas öfter als sonst- bei der FDP gesetzt. Ich verkneife mir an dieser Stelle mal diese ganze „Leihstimmen Lamentiererei“ schließlich hat die CDU davon mehr Schaden und wenn Wähler tatsächlich so überlegt ihr Kreuz setzen, ist das ja eher positiv zu bewerten. Wenn also die Erststimmen nicht ausgereicht haben, um direkt in den Landtag gewählt zu sein, liegt die Hoffnung auf der Liste. Monate vor der Wahl finden in allen Parteien die Kämpfe um den besten Listenplatz statt. Bei 84 Wahlkreisen Niedersachsen weit, bedeutet das 84 Kandidaten streiten darum, so weit wie möglich oben in der Liste zu stehen. Ich kann natürlich nicht beurteilen wie es bei den anderen Parteien in der Zeit der Listenaufstellung abgeht, aber ich vermute, dass es überall das gleiche Hauen und Stechen ist wie bei uns. Egal ob Kommunalwahl, Land- oder Bundestagswahl, das ist die Zeit, wo Taktierer und Netzwerker mehr zu sagen haben, als diejenigen die politisch gestalten und in der Sache arbeiten wollen. Ich selber hatte bei der letzten Gemeinderatswahl nur Glück, dass ich die Personenwahl für mich entscheiden konnte, über meinen Listenplatz wäre ich nicht mehr im Gemeinderat gewesen. Umgekehrt im Kreistag, dort hatte ich den Listenplatz zwei und somit war ich „über Liste“ drin. Für unsere Kandidaten hier im Elbe/Weser/Heide Bereich hat es leider nicht geklappt, sie auf die guten sicheren Listenplätze zu bekommen. Sie hätten also alle direkt gewählt werden müssen, um weiter in Hannover ihren Job zu machen. Nur ein Kandidat im Raum Nord-Niedersachsen hat das Direktmandat geschafft. So kommt es also zu Stande, dass wir zwar viele Menschen überzeugen konnten, die SPD oder die Grünen zu wählen, aber nicht genug dem einzelnen Kandidaten der SPD die Stimme zu geben. Bis zum 22.09.2013 müssen wir das also noch viel besser machen, denn dann geht es schließlich darum, wer unseren Kreis in Berlin vertritt. In den letzten Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass unser Abgeordneter Lars Klingbeil sehr deutlich für unsere Themen hier im Landkreis einsteht und kämpft, was könnte er alles noch besser umsetzen, hätten wir die Regierung inne? Da wär´s doch zu und zu blöd, wenn die deren Interessen er da erfolgreich vertreten kann, ihm nicht ihre Erststimme geben, weil sie den Wert ihrer Stimme nicht verstanden haben.

Jede Stimme zählt, die Erststimme, die eine Stimme Mehrheit und auch die Stimme die nicht abgegeben wurde und somit verschenkt an denjenigen der die eigenen Interessen am wenigsten vertritt.

Alles nur Wahlkampf?

Kommenden Sonntag ist es also so weit, in Niedersachsen wird der Landtag neu gewählt. Im September dann Bundestagswahl und im nächsten Jahr werden hier Bürgermeister und Landrat neu gewählt. Irgendwie wird also immer irgendwo irgendein politisches Amt neu zu besetzen sein und daher zur Wahlurne gerufen werden. Das heißt doch dann auch, dass immer irgendwo Wahlkampf stattfindet, oder?

„Wahlkampf ist, wenn Politiker die Versprechen auf Plakate drucken, von denen sie genau wissen, dass sie die nicht halten werden!“ so oder so ähnlich wird ja gerne in Wahlkampfzeiten gelästert. Welche Partei da auch zur Wahl antritt, je näher der Wahltag kommt, desto lauter wird das „Säbelrasseln“ und keiner hört mehr darauf, ob womöglich wirkliche Sachaussagen, oder doch nur Wahlkampf Versprechen durch die Medien rauschen. Angeblich sind die Menschen ja total Politikverdrossen und überhaupt verstehen die ja auch gar nichts von dem was so ein wahlkämpfender Politiker so alles FÜR SIE tut…

Nach der Wahl ist vor der Wahl

War das nicht mal eine Aussage im Zusammenhang mit Fußball? Passt aber ja auf viele andere Bereiche. Für mich sollte das vor allem in der Politik bedacht werden, denn egal ob nun in die Regierung oder in die Opposition gewählt, ob vier oder fünf oder acht Jahre, die Arbeit die in diesen Jahren gemacht wird, muss doch mehr zählen, als die wenigen Wochen vor dem Wahltag. Was ich aber noch viel wichtiger finde, auch die letzten Wochen vor dem Wahltag sind politische Entscheidungen zu treffen, die oft lange über den Wahltag hinaus wirken. Nun ist mir in den letzten Wochen hier in Niedersachsen etwas aufgefallen, dass hat mich wirklich erschreckt. OK, ich mache ja schon seit einigen Jahren in diesem „Politzirkus“ mit und bin auch nicht so leicht zu erschrecken, vor allem in Wahlkampfzeiten. Wenn aber mit einem wirklich wichtigen Thema, in dem ich selber auch aktiv engagiert bin und daher weiß, dass es sich absolut nicht zum „Wahlkampf-Verwursten“ eignet, herumgezockt wird, dann fehlt mir jedes Verständnis. Wenn es zum Beispiel darum geht, schnell Entscheidungen zu treffen, um unser Trinkwasser vor der Gefährdung durch hochgiftige Chemikalien zu schützen, wie sie beim „Fracking“ [genauere Beschreibung hier] in die Erde gepumpt werden, um Erdgas zu gewinnen. Dieses Verfahren wird hier in unserer Region zwar schon seit Jahrzehnten angewendet, dass es aber wirklich hochgefährlich ist und sehr schnell zu dramatischen Konsequenzen führen kann, das ist uns hier erst vor wenigen Jahren klar geworden. Als nämlich Vorfälle bekannt wurden, bei denen der Chemiecocktail ins Erdreich verschwunden ist und viele Hektar Boden vergiftet wurden.  Nach und nach haben sich immer mehr Menschen mit der Frage beschäftigt, ob diese Art der Erdgasgewinnung wirklich so ungefährlich ist, wie uns immer erklärt wurde. Auch die politischen Vertreter verschiedener Parteien haben sich aufgemacht, dieses Verfahren genauer zu hinterfragen. Es wurden immer mehr Details klar, die gegen Fracking sprechen und mehr als einfach nur „Besorgnis erregend“ sind. Bürgerinitiativen haben sich gebildet, die -wie ich meine zurecht- von der Politik schnelle, klare Entscheidungen gegen das Fracking in der hier praktizierten Form fordern. Aus den Gemeinden in denen „gefrackt“ wird, kamen vor gut zwei Jahren Forderungen an den Landkreis, keine weiteren Fracking Maßnahmen in den jeweiligen Gemeindegebieten mehr zu zulassen, bis eindeutig geklärt ist, ob und wie gefährlich Fracking wirklich ist. Zur Erinnerung, die Bohrstellen befinden sich zum Teil sehr nahe an unseren Trinkwasser Reservoiren und die Stoffe die da ins Erdreich gepumpt werden sind hochgiftige Chemikalien. Die Folgen, sollte also von diesen Stoffen etwas in unser Trinkwasser geraten, sind enorm und nicht schnell mal wieder in Ordnung zu bringen. Die Forderung dieses Verfahren erst einmal zu stoppen und genauer zu untersuchen, ist also absolut nachvollziehbar. Als ich im November 2011 selber Kreistagsabgeordnete wurde, war das Thema Fracking schon längst auch im Kreistag heiß diskutiertes Thema. In der ersten Umweltausschusssitzung an der ich teilgenommen habe, wurde eine Resolution auf den Weg gebracht, die Umweltverträglichkeitsprüfungen und weitere Untersuchungen dieses Verfahrens forderte und den Stop aller Bohrungen bis zum Abschluss dieser Untersuchungen zum Ziel hatte. Auf Landes- und Bundesebene waren alle Abgeordneten aus unserem Landkreis aufgefordert, für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu sorgen, die betroffenen Kommunen in die Entscheidungsprozesse ob und wo „gefrackt“ wird einzubeziehen. Unabhängig von der Partei für die er/sie steht, hat jeder dieser Abgeordneten in der regionalen Presse und bei Veranstaltungen rund um das Thema erklärt, dass er sich gegen Fracking in der aktuell praktizierten Form ausspricht und versichert, in Hannover oder Berlin entsprechend zu handeln. Tatsächlich wurde auch von SPD und Grünen entsprechende Anträge in Land- und Bundestag gebracht, zuletzt ein Moratorium gefordert, damit bis zum Abschluss der Untersuchungen nicht mehr gefrackt wird. Im Laufe des letzten Jahres sind immer mehr gefährliche Situationen bekannt geworden, von Leckagen an den Leitungen, bis hin zu einem Brand an einer Anlage, bei der eventuell auch radioaktive Stoffe freigesetzt wurden. Die Unternehmen die hier fracken haben in klassischer Salamitaktik nur die Probleme eingestanden, die schon bewiesen und nicht mehr zu leugnen waren und munter weiter gebohrt. Es wurde also immer deutlicher, dass hier nur ein Stop aller Bohrungen dazu führen kann, weitere Gefährdungen zu verhindern und vor allem die Unternehmen dazu zu bewegen, uns ernst zu nehmen.

Langer Rede kurzer Sinn

Bei der namentlichen Abstimmung im Bundestag zu dem Antrag von SPD und Grünen, hat sich der CDU Abgeordnete dieses Wahlkreises enthalten. Diese Enthaltung hat hier einen Sturm der Entrüstung -auch bei seinen eigenen Parteifreunden- ausgelöst. Soweit so unschön, wäre es ja schon schlimm genug aus reiner Parteipolitik heraus, in Berlin anders zu entscheiden als hier im Wahlkreis erklärt. Wir sind es hier auch schon aus den Kommunalparlamenten gewohnt, dass Anträge die nicht von der CDU gestellt wurden grundsätzlich und unabhängig vom Inhalt, geschlossen von der CDU abgelehnt wurden. Seine Erklärung allerdings, warum er sich bei diesem wichtigen Thema enthalten hat, die schlägt wirklich alles.  Denn nicht sachliche Argumentation oder persönliche Haltung haben ihn von der deutlichen Entscheidung im Sinne der Menschen hier vor Ort abgehalten. Seiner Meinung nach, war doch dieser Antrag nur Wahlkampf und deshalb konnte er nicht zustimmen. *räusper*

Stillstand weil Wahlkampf?

Es wird also munter weiter gebohrt, giftige Chemie in unsere Erde gepumpt und dabei riskiert, dass die Trinkwasser führenden Bereiche kontaminiert werden, weil ein Abgeordneter sich im Wahlkampf befindet? Mir ist bis dahin nie so deutlich aufgefallen, was tatsächlich in Wahlkampfzeiten passiert, wenn die amtierende Regierung keine Antworten und Lösungen auf die wirklich wichtigen Fragen und Sorgen der Menschen hat. Auch auf die Konzepte und Lösungsvorschläge die aktuell von SPD und Grünen zu Themen wie Rente und Daseinsvorsorge, Finanzmarkt Regulierung und Steuerbetrug so vorgelegt werden, gibt es im Moment nur die Reaktion „Alles nur Wahlkampf“. Nicht in der Sache argumentiert, keine inhaltliche oder nachvollziehbare Argumentation was denn die amtierenden Entscheider anders geschweige denn Besseres anbieten. Nur platte Sprüche. Tatsächlich hat es ja schon ein bisschen mit Wahlkampfzeiten zu tun, wenn gerade jetzt diese Konzepte und Pläne entstehen. Zum Teil liegen diese Pläne natürlich schon lang in der Schublade, darauf wartend, im Falle wieder die Regierungsverantwortung zu haben, umgesetzt zu werden. Viele Lösungsangebote entstehen aber sicherlich auch, wenn man zuhört und ernst nimmt, was die Menschen um deren Wahlstimme man so wirbt, sagen. Das sollte allerdings nicht nur in einigen wenigen Wochen vor der nächsten Wahl geschehen, sondern Teil des laufenden Geschäftes sein.

Also schnapp Dir die Abgeordneten deines Wahlkreises doch einfach mal, wenn nicht gerade die nächste Wahl ansteht und frag nach wofür er steht. Gib ihm deine Handlungsaufträge  und Lösungsvorschläge mit und fass unbedingt auch nach, wenn du nichts mehr von deinem Thema hörst. Merk dir vor allem, wer wie reagiert. Wer nur am Infostand und im Wahlkampf ein offenes Ohr für dich hat, der wird auch wenn er gewählt ist, nicht weiter an deine Interessen denken. Es gibt einfach noch viel zu viele Politiker, die sich darauf verlassen, dass du vergisst bis zum nächsten Wahltag. Jeder ist für die Politik verantwortlich und das nicht nur am Wahltag. 

 

Solidarität Freiheit Gerechtigkeit

#spdbpt12
Hannover 09.12.2012

Am Sonntag Morgen um 06:00 Uhr aufstehen, durch Schnee und Eis nach Hannover fahren und das alles freiwillig? Ja! Weil es wirklich wichtig ist, sich zu bewegen, wenn man was bewegen will. Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit das ist die Basis auf der die SPD seit 150 Jahren vieles bewegt.

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Hannelore Kraft eröffnet mit starken Worten, kleinen Lästereien in Richtung derer die vor 14 Tagen in der Halle nebenan ihren Bundesparteitag hatten. Sehr schnell und angenehm klar schwingt sie aber auf das um, worum es heute gehen soll… Die SPD! Es geht um Ziele, es geht um konkrete Aussagen darüber, was sich verändert, wenn Peer Steinbrück Bundeskanzler wird.

Stephan Weil begrüßt als Oberbürgermeister von Hannover, denn das ist doch so „gute Sitte“ wenn ein Bundesparteitag in der Stadt ist, unabhängig davon, welche Partei da tagt und welcher Partei der OB angehört. Selbstverständlich hat Weil das auch vor einigen Wochen beim Parteitag der Grünen gemacht, Grußworte sprechen, die Menschen in Hannover willkommen heißen, einen guten Parteitag wünschen. Vor zwei Wochen, als der Bundesparteitag der CDU in Hannover statt fand, war er als OB nicht für die Begrüßung geladen *nanu* 😉

Natürlich begrüßt Stephan uns nicht nur als Oberbürgermeister, sondern auch und besonders als angehender Ministerpräsident von Niedersachsen, denn er hat sich aufgemacht, am 20.01.2013 die schwarz/gelbe Landesregierung abzulösen und das scheint nach derzeitigen Umfragen auch zu gelingen. (natürlich sind Umfragewerte keine Wahlergebnisse, wer aber immer nur darüber nachdenkt was alles schief gehen kann, braucht sich nicht wundern, wenn das dann alles schief geht. *Murphy*)

Tatsächlich sind genau die Themen, die uns hier in Niedersachsen bewegen und die es gilt ab dem Regierungswechsel anzupacken, sehr eng mit den brennenden Bundes-politischen Baustellen verbunden. Zu vorderst die Bildung. „Nach zehn Jahren schwarz/gelb hat sich da ein bemerkenswerter Nachholbedarf angestaut“ so Weil. Er erklärt, dass wir im Ländervergleich drittletzter beim Krippenausbau sind. Dagegen aber im Thema „Schulabsteiger“ die Spitzenposition halten. Studiengebühren werden tatsächlich nur noch in zwei Bundesländern kassiert, Bayern und Niedersachsen. Doch selbst in Bayern wird inzwischen laut umgedacht… Stephan Weil betont: “ Wir stehen für eine neue Bildungspolitik“ und ich denke ergänzend „wie immer wenn wir den Schrotthaufen der Konservativen übernehmen“ Da gute Bildung aber nun einmal gutes Geld kostet, hängt die Realisierung all der wichtigen und richtigen Ziele natürlich auch und besonders davon ab, wie in Berlin entschieden wird.

Das zweite Thema bei dem schwarz/gelb sowohl im Land als auch im Bund komplett versagt, ist die Energiewende. Niedersachsen hat ein großes Potenzial, Energieland Nr 1 zu werden. Aktuell sind wir hier auf dem Weg, „Gift-Müllhalde der Nation“ zu sein, für hochgefährlichen Atom-Müll und das Lagerstättenwasser aus „Fracking“, dass aus einem extrem giftigen Chemie-Cocktail besteht. Gleichzeitig stehen in den Häfen Offshore Windräder und rosten, weil die derzeitige Bundesregierung es nicht schafft, die nötigen Rahmenbedingungen zu setzen, die es braucht Offshore Windparks zu bauen und den gewonnenen Strom an Land zu bringen.

Weil spricht auch das Jubiläum im nächsten Jahr an. Unsere „alte Tante SPD“ wird schließlich 150 Jahre alt. Da wir in Hannover sind, geht der Oberbürgermeister dieser Stadt natürlich besonders auf Kurt Schumacher ein, der 1945 -noch gezeichnet durch seine lange Haft im KZ- in Hannover, unter schwierigsten Bedingungen und noch vor Ende des Krieges, damit begonnen hat, die SPD wieder aufzubauen, wieder zu einer starken politischen Kraft zu machen.

Natürlich bin ich versucht, noch viel mehr aus den Grußworten von Stephan Weil zu schreiben und zu kommentieren, da ich ja selber in Niedersachsen lebe und somit noch ganz und gar auf unsere Niedersachsenwahl fokussiert bin. Aber es ist der Bundesparteitag und damit der Auftakt zur Bundestagswahl, also soll es hiermit genügen, was ich über den nächsten Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen schreibe. Nur soviel noch… Die Richtung in die dieser Parteitag gehen sollte, wurde nach den Worten von Hannelore Kraft und Stephan Weil klar. Die SPD besinnt sich auf ihre Grundwerte!

Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit sind auch bei Sigmar Gabriel „roter Faden“

Sigmar spricht von Würde, von der Partei der fleißigen Leute, vom „Guter Lohn für gute Arbeit“ und davon, dass eben dieser gute Lohn auch ein wichtiger Teil der Renten Diskussion ist.Trotz Arbeit Sozial-mittel erbetteln müssen kann nicht sein. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gilt für Leiharbeiter, immer noch auch für Arbeitnehmer in den neuen Bundesländer und obwohl wir uns im 21sten Jahrhundert befinden immer noch auch für Frauen, als wichtiger Handlungsauftrag an die Politik.

Wahlversprechen glauben die Menschen inzwischen ja meist nicht mehr. Deshalb haben wir ja auch in den letzten Wahlkämpfen darauf verzichtet, Versprechen abzugeben die zu halten eine absolute SPD Mehrheit und noch einiges anderes gebraucht hätten. Ein Versprechen gibt uns Sigmar Gabriel in seiner Rede aber und ich bin sicher, dass er genau wie Peer Steinbrück und alle Genossen die an der Umsetzung arbeiten können, dies auch halten werden:

„Wenn wir Sozialdemokraten jetzt zur Bundestagswahl antreten, wenn wir wieder den Kanzler unserer Republik stellen wollen, dann gibt es eine Sache, die nur wir versprechen können, eine Sache, die wir Sozialdemokraten sogar versprechen müssen, weil die SPD dafür seit fast 150 Jahren kämpft. Es ist der Kampf gegen Armut“

„Wir Sozialdemokraten nehmen den Kampf gegen die wachsende Armut in unserem Land wieder auf! Nicht durch Erhöhung von Sozialleistungen, sondern dadurch, dass gute Arbeit endlich wieder zu einem guten Lohn führt!“

Als ich zu einer anderen Gelegenheit einmal getwittert hatte, die SPD ist die Partei der fleißigen Leute, bekam ich als Antwort -ausgerechnet von einem FDP Mann- die Frage ob wir denn nicht mehr für die Harz IV Empfänger zuständig seien. Mit dieser Aussage hat Sigmar meine Antwort darauf noch einmal deutlich unterstrichen: Unsere Aufgabe muss sein, dass „die fleißigen Leute“ unter den Hartz IV Empfängern kein ALG II mehr benötigen! Dass die Menschen die arbeiten wollen, dies auch können und ihr Lohn dafür keine Aufstockung aus Sozialkassen mehr braucht! Das ist Sozialdemokratie wie ich sie verstehe und dieses Ziel ist der Grund warum ich mich in der SPD so sehr engagiere. Mich beruhigt es sehr, dass Sigmar mir auf diesem Bundesparteitag den Glauben daran zurück gegeben hat, dass „meine SPD“ das auch in der Spitze wieder als wichtigstes Ziel erkennt.

Das wir die soziale Kompetenz besitzen, dieses Versprechen einzuhalten, dass glauben uns die Menschen offenbar auch wieder, ist es doch Kern der Sozialdemokratie seit 150 Jahren. Dass es aber auch Wirtschaftskompetenz braucht, damit die finanziellen Mittel zur Umsetzung dieses Versprechens vorhanden sind, ist allerdings auch jedem klar. Mit Peer Steinbrück haben wir den Kanzlerkandidaten, der soziale und wirtschaftliche Kompetenz zusammen führen wird. Niemand steht, nach Überwindung der Finanzkrise so sehr für wirtschaftliche Kompetenz wie der damals verantwortliche Finanzminister, Peer Steinbrück. Sigmar Gabriel formuliert das sehr eindeutig: „Gerade weil Peer Steinbrück öffentlich nicht zuallererst als Sozialpolitiker wahrgenommen wird, gerade weil ihm viele Menschen zutrauen, die richtigen wirtschaftlichen Entscheidungen zu treffen, ist er für uns der richtige Kanzlerkandidat.“

Gabriel spricht auch noch zu den aktuellen Regierungsentscheidungen, die in ihren Konsequenzen dazu führen werden, dass Deutschland im Ergebnis 100 Milliarden Euro neue Schulden angehäuft hat. Gleichzeitig verordnet die Kanzlerin dieser Schuldentreiber Regierung allen anderen EU Staaten Sparsamkeit „Koste es was es wolle!“ Klientelpolitik, Steuergeschenke für die finanzstärksten Lobbyisten und vor allem „Stillhalte Prämien“ für ihre Koalitionspartner, damit diese endlich Ruhe geben und aufhören ständig zu zanken, dass ist „Wirtschaftspolitik auf schwarz/gelb´isch“ Verantwortungsvoll und nachhaltig sieht anders aus. Statt das Wirtschaftswachstum in ganz Europa zu ruinieren, sind Impulse für Wachstum und Arbeit nötig. Das kostet natürlich auch Geld und jedem ist selbstverständlich klar, dass man dafür keine neuen Schulden machen darf. Das ist auch nicht nötig, wenn endlich auch die Verursacher all dieser Finanzsorgen zur Kasse gebeten würden! Statt also immer nur den „kleinen“ Steuerzahler für Krisen zahlen zu lassen, die er doch gar nicht zu verantworten hat, gilt es die „Finanzmärkte zu bändigen!“ und zwar über das wirkungsvolle Mittel sie zu besteuern.

Natürlich hat Sigmar auch noch einiges anderes im Repertoire, mit dem er die aktuelle Regierung und besonders die Kanzlerin die “ nur an der Macht bleiben will, ohne den Menschen zu sagen, warum sie überhaupt regieren und wohin sie unser Land führen will.“ beschreibt. Wer mich kennt weiß aber ja, dass ich mich lieber auf „hin zu“ als auf „weg von“ konzentriere. Hier daher die Punkte, die Sigmar als Kurs angesagt hat, die das „hin zu“ einer Peer Steinbrück geführten Regierung bedeuten:

  1. Arbeit die sich wieder lohnt!
  2. Bildung, die als Schlüssel für eine gerechte Zukunft funktioniert!
  3. Soziale Gerechtigkeit als Grundbedingung für unser Gemeinwesen!
  4. Alterssicherung als Kernversprechen für einen Wohlstand auch in der dritten Lebensphase!
  5. Demokratie, die nicht zum Spielball der Finanzmärkte werden darf!

Ich persönlich erkenne darin die für mich wichtigsten Begriffe sozialdemokratischen Handelns wieder Solidarität Freiheit Gerechtigkeit!

Bevor der Mann, um den sich doch dieser ganze Parteitag drehen soll, ans Rednerpult tritt, gibt es noch einen kleinen Einspieler. Von der Videowand aus verraten uns Menschen auf der Straße, was sie von Politik erwarten. Hier nur einige Schnipsel:  Junge Menschen die etwas bewegen könnten mit den richtigen Ideen scheitern zu oft am System … Das Streben nach Gerechtigkeit ist wichtig für Deutschland… Mehr Respekt und Anerkennung für die Berufe Erzieher, Pflege und so fort… wir brauchen keine Floskeln wir brauchen Entscheidungen die auch Hand und Fuß haben… Meinem Eindruck nach ist all das auch im Willy Brandt Haus verstanden worden. Ich denke so bei mir als ich den Einspieler sehe: „Wenn nicht wir wer dann? Das ist doch alles sozialdemokratischer Handlungsauftrag!“

Peer Steinbrück bewirbt sich darum der 4. sozialdemokratische Bundeskanzler zu werden

Es folgen zwei Stunden, deren Inhalt inzwischen längst in jedem Medium und in allen möglichen Variationen verarbeit und abgeschrieben stehen. Daher beschränke ich mich einfach mal auf das, was für mich von dieser großartigen „Der kann Kanzler! Bewerbungsrede“ nachhallt.

„Ich will einen ganzen Regierungswechsel. Für eine große Koalition stehe ich nicht zur Verfügung!“

„Wir wollen ein Land mit mehr Miteinander! Die SPD mit einer Bundesregierung unter meiner Führung wird aus guten Gründen nicht alle Steuern für alle, aber einige Steuern für einige erhöhen -nicht verzagt, nicht verschämt, sondern gut begründet:

  • für gute Bildung
  • für mehr Geld für die Kommunen (was mich als Kommunalpolitikerin natürlich besonders freudig aufhorchen lässt)
  • für bessere Infrastruktur

Stichwort Gerechtigkeit! „Unser Steuersystem folgt einem völlig überholten Rollenverständnis von Frauen, Männer und Familie“ Die aktuelle Regierung benachteiligt Frauen, bestraft alternative Lebensentwürfe, verschärft den Fachkräftemangel und erschwert die Bewältigung des demographischen Wandels. (Meiner Meinung nach ist diese ganze rückwärtsgewandte Politik doch überhaupt verantwortlich dafür, dass wir diesen demographischen Wandel überhaupt bewältigen müssen) Peer liefert zu all diesen Bereichen Antworten, die nachvollziehbare und vor allem bezahlbare Lösungen aufzeigen.

Stichwort Versprechen! „Sagen, was man denkt. Tun, was man sagt. Sein, was man tut! Placebos und falsche Versprechen sind in der Politik gefährlich und kosten weiteres Vertrauen. Wir dürfen keine Versprechen ins Wahlprogramm aufnehmen, die wir anschließend nicht halten können.“ Die Menschen sind klüger, als wir Politiker oft glauben. Sie sind vor allem auch bereit, schlechte Nachrichten und Einschränkungen zu akzeptieren, unter zwei Bedingungen:

  • ihnen wird reiner Wein eingeschenkt
  • die damit verbundenen Belastungen werden fair auf starke und schwache Schultern verteilt

Auch an diesem Punkt wird, wie ich meine, deutlich, dass „meine SPD“ aus ihren eigenen Fehlern gelernt und die richtigen Konsequenzen gezogen hat.

Peer geht auch auf die Themen ein: Mindestlohn, Leiharbeit, Pflege und Gesundheitssystem, besonders auch Rentenkonzept vs. Altersarmut, Gleichstellung von Mann und Frau, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, Energiewende…wende…wende Chaos. Auch auf all diese großen, laut diskutierten und zum Teil gar nicht laut genug diskutierten Arbeitsaufträge an die Politik, liefert Peer uns deutliche Zusagen, wie er damit umgehen wird, wenn er die nötigen Entscheidungsbefugnisse als Bundeskanzler bekommt.

Nachdem Peer auch zu den Stichworten Solidarität und Freiheit! die richtigen Worte sagte, hat er mich (mir scheint die meisten anderen in dieser großen Halle auch) noch einmal mit einer Aussage beeindruckt, die ich gerne mit dem viel zu selten benutzten -geschweige wirklich ehrlich empfundenen- Stichwort Demut! bezeichnen möchte.

Genau diese ehrlich empfundene Demut ist es, die ich Peer Steinbrück glaube und die ihn in meinen Augen schon lange zu meinem Kanzler machen…

“ Meine Vortragshonorare  waren Wackersteine, die ich in meinem Gepäck habe und Euch auf die Schultern gelegt habe. Ich danke Euch, dass Ihr mit mir diese Last getragen und ertragen habt. Ich habe nicht nur Kritik -das auch- aber viel Solidarität erfahren. Mehr als ich glaubte, erwarten zu dürfen. Das hat mich berührt. Das werde ich nicht vergessen.“

Das Peer damit nicht nur mich, sondern 93,45% der Delegierten erreicht hat, zeigt das Abstimmungsergebnis mit dem Peer Steinbrück dazu nominiert wird, mit der Bundestagswahl am 22.09.2013

Der vierte sozialdemokratische Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden!

 

Politik kann auch spannend sein

Ja, die angenehmste Seite der politischen Arbeit ist für mich, wenn Firmenbesichtigungen anstehen. Nicht nur das „Einblick in anderer Leute Arbeit“ bekommen, ist was mich daran so reizt. Vor allem lerne ich dabei immer auch eine Menge Neues dazu und dazulernen, dafür wird bekanntlich nie jemand zu alt 😉 Diese Woche zum Beispiel stand eine Besichtigung des Unternehmens „WeserWind“ in Bremerhaven an. WeserWind ist eine Tochter des Konzerns Georgsmarienhütte und produziert Offshore Windkraftanlagen. Falls jetzt jemand fragt: Offshore Windkraftanlagen stehen, viele Meter tief im Meeresboden verankert, in Nord- und Ostsee um ein vielfaches dessen an Strom zu produzieren, als die Windräder die an Land stehen. Vor allem ist diese Strom Produktion sehr viel verlässlicher, als bei den uns bekannten Windrädern. Ist vielleicht der eine oder andere ja schon davon beeindruckt, wie riesig so ein Onshore -also an Land- Windrad ist, die Offshore Anlagen sind noch viel beeindruckender. Bei WeserWind werden nur die Unterteile, also das was im Wasser steht, gefertigt. Wie gigantisch groß die fertige Anlage sein muss, lässt sich aber erahnen, sieht man alleine die Abmasse des Unterteils.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ok, so richtig erkennen, kann man die unglaubliche Größe dieser Bauteile auf den Fotos vielleicht nicht…

Die Erklärung von Dirk Kassen (WeserWind Geschäftsführer), dass bevor der Fahrstuhl am Gerüst eingebaut wurde, die Schweißer die oben am Turm gearbeitet haben, eine volle Stunde unterwegs waren, wenn sie nur mal kurz zum WC wollten, lässt da sicher erahnen, was nicht direkt zu erkennen ist. Mit Fahrstuhl dauert´s übrigens immer noch eine halbe Stunde, wer also oben schweißt sollte sehr rechtzeitig wissen, wann er muss 😉

Im Anschluss dann ein Hintergrund Gespräch

Nach der beeindruckenden Betriebsführung ging es dann zum Eurogate Container Terminal, wo wir zu einem Gespräch mit Peter van Hüllen (Geschäftsführer Georgsmarienhütte) und Jörg Kuhbier (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Offshore Windenergie) geladen waren. Peter van Hüllen fand dann auch gleich sehr klare Worte zu der aktuellen Energie Politik der Bundesregierung. „Heute Hüh Morgen Hott, wenn hier nicht endlich klare Rahmen geschaffen werden, bauen wir mit WeserWind unser eigenes Groschengrab“ Der Strompreis steigt, mit dem Abschalten der Atomkraftwerke. Schmerzt das den privaten Verbraucher bereits, so kann sich das für die große Industrie vernichtend auswirken. Soweit ist seine Wut natürlich nachvollziehbar. „Ohne Strom, kein Stahl, ohne Stahl, kein Wohlstand, ohne Wohlstand -so wie die Menschen ihn in Deutschland bisher gewohnt sind- geht es über lang oder kurz unserer Demokratie an den Kragen“ so die Formel, mit der van Hüllen alles auf den Punkt brachte.  Jörg Kuhbier reagierte darauf zunächst etwas gegenteilig, denn für ihn findet sich der Ursprung allen Ärgers im Zusammenhang mit der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen, beim Netzausbau. „Seit 1990 wurden die Netze kontinuierlich abgebaut. So kommt es, dass wir zwar durch die Windenergie genug Strom produzieren, diesen aber nicht zum Verbraucher bringen können. In den vergangenen Jahren wurde erst wieder mit dem Ausbau der Netze begonnen und bis heute sind wir gerade mal wieder auf dem Stand von 1990 angelangt.“ so Kuhbier. Seine Lösungsangebote für diese Probleme, umgehender Netzausbau zur Not dann auf Finanzierung durch die kfw Bank. Klaus Wedemeier setzt dort noch einen drauf, in dem er fordert, die Netze wieder zu verstaatlichen. Tatsächlich hat sich ja in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es eben nicht funktioniert, eine derart wichtige Versorgungsleistung in private Hände zu geben. Nun sind weder Jörg Kuhbier noch Klaus Wedemeier verdächtig, so weit links in der SPD zu stehen, dass sie bei jeder Gelegenheit „Verstaatlichung“ rufen. In diesem Punkt sehe ich aber auch, dass es anders gar nicht gehen kann, unsere Energieversorgung vernünftig zu sichern. Kuhbier prangerte dann aber auch an, dass die „Unglaubliche Trägheit der Politik“ eine Situation geschaffen hat, die jetzt und sofort verändert werden muss. Der Weg die Netze zu verstaatlichen würde also wieder enorm Zeit verschlingen, die wir nicht haben. So oder so bleiben die Kosten im Ergebnis immer beim Strom Kunden und zwar beim kleinen Verbraucher, denn der Industrie kann man die Subventionen nicht streichen, ohne zu riskieren, diejenigen zu vernichten, die uns durch die Krisenzeiten hindurch gerettet haben. Ja, tatsächlich ist Deutschland so glimpflich davon gekommen, weil wir starke Industrieunternehmen haben. Schaut man auf die Britische Insel, auf der es keine Industrie mehr gibt, wird klar, wie wichtig unsere Industrie für Deutschland ist.

Wie sieht also der richtige Weg aus?

Klare Rahmenbedingungen durch die Politik! Zügiger Netzausbau, durch die kfw Bank finanziert. Die Industrie muss sich darauf verlassen können, dass politische Entscheidungen nicht mit jeder Neuwahl umgestoßen werden. Verlässlichkeit war auch die deutlichste Forderung aller Industrievertreter am Tisch. Das Kosten entstehen und eben auch steigende Kosten für Energie zu erwarten sind, dass ist jedem klar. Große Konzerne müssen aber auf Jahre planen können und das geht eben nur, wenn die Rahmenbedingungen auf Jahre sicher fest stehen. Dann können auch höhere Kosten verkraftet werden. Die anwesenden Politiker haben also deutliche Handlungsaufträge in ihre Bücher notiert bekommen. Ob diese dann auch umgesetzt werden können, wird sich zeigen, spätestens im September 2013, wenn die Deutschen Wähler entscheiden, wer die Regierungsverantwortung übernimmt. Diejenigen, die über Jahre das Thema Engieversorgung verpennt haben, oder diejenigen die vor Umsetzung aller Vorhaben in diesem Thema abgewählt wurden?

Endlich einen echten Bundespräsidenten

Jubel, nach Jahren der „Merkwürdigkeiten“ im Präsidentenschloss, endlich ein echter Demokrat!

Ich könnte jetzt vieles schreiben, dass an Joachim Gauck auszusetzen wäre… Tatsächlich fällt mir aber nichts ein, dass ihn als Bundespräsidenten so disqualifizieren würde, wie seine Vorgänger oder die vorgeschlagenen Kandidaten. Umgekehrt gibt es aber sehr viel wirklich wichtiges, das diesen Bundespräsidenten auszeichnet.

Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit die wichtigen Grundwerte unserer Nation, die von den Politik Machenden schon lange nicht mehr als die Wichtigsten beachtet werden. Vor allem aber der Aufruf zur Eigenverantwortung, hat Joachim Gauck für mich zu dem geeignetsten Anwärter auf das Präsidentenamt gemacht. Ja, jetzt haben wir also in den beiden höchsten Positionen die Deutschland zu bieten hat ehemalige DDR Bürger sitzen. Allerdings gehe ich doch einmal davon aus, dass sich die Person auf dem Kanzlerstuhl bald ändern wird (klar hoffe ich da auf einen Norddeutschen 😉

Auch wenn ich als Sozialdemokratin natürlich das Solidarprinzip sehr hoch schätze und lebe, immer und überall nach dem Staat zu rufen, weil man sein Leben nicht mehr im Griff hat und keine Verantwortung für sein eigenes Handeln -oder oft genug auch Nichthandeln- übernehmen will, dass kann nicht funktionieren. Genau das ist, was Gauck anprangert und fordert, wenn er sagt, dass Sarrazin Mut bewiesen hätte damit einiges deutlich auszusprechen. Nicht die wirren rassistischen Äußerungen, für die das Buch -zu recht- an den Pranger gestellt wurde, sondern der Teil in dem uns Deutschen eine Art attestiert wird, die von Eigenverantwortung weit entfernt ist. Aber eben auch, dass deutsche Politiker viel zu verschwurbelt daher kommen. Aus lauter Sorge um die „political correctness“ wird verschleiert was das Zeug hält und Transparenz bleibt eine Floskel, mit der man Wahlen gewinnen möchte. Bürgerbeteiligung ja gerne…aber bitte doch nur da, wo der „dumme Bürger“ nicht all zu viel anrichten kann. Das diese Haltung sowohl auf Bürger als auch auf politischer Seite nicht funktionieren kann, ist im Grunde jedem klar. Doch sei es Bequemlichkeit oder tatsächlich Unwissen um die Möglichkeiten bzw. Chancen echter Bürgerbeteiligung, umdenken ist auf jeden Fall eiligst nötig. Ich traue unserem neuen Bundespräsidenten Gauck zu, dass er dieses Umdenken massiv in Gang setzen kann und wird!

…und seine beeindruckende Gelassenheit, tut uns sicherlich auch ganz gut 😉

Transformation, Nachhaltigkeit und Lebensqualität

Jahr für Jahr warnen Klimaforscher vor den verheerenden Folgen eines unkontrollierten Wirtschaftswachstums. Denn: das derzeit vorherrschende Wirtschaftsmodell ist nicht nur stark krisenanfällig, wie die globale Wirtschafts- und Finanzkrise überdeutlich zeigt, sondern gefährdet zudem die Lebensgrundlage von weiten Teilen der Weltbevölkerung. Eine umfassende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft auf globaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene ist zwingend notwendig.

Dies stand im Anschreiben zu einem Workshop, zu dem ich eingeladen war. Mein erster Gedanke: „Na toll, sitzen wir also zwei Tage im Kreis und philosophieren darüber, wie wir die Welt retten können“ Aber tatsächlich liebe ich es im Kreis zu sitzen und die Weltrettung zu planen und außerdem waren sehr interessante Referenten angekündigt, also habe ich mich auf den Weg nach Springe gemacht.

Der erste Eindruck war schon weit weg von meinem ersten Gedanken, denn statt der erwarteten Truppe Wollsocken tragender Ökofreaks saßen dort Wissenschaftler, Gewerkschaftsfunktionäre, ein Landtagsabgeordneter und Wirtschaftsvertreter in der Runde. Moderiert wurde das Ganze von Volker Angres (ZDF), der auch die Reportage zum „Erdgipfel“ in Rio 1992 gemacht hat und um diesen Erdgipfel ging es bei diesem Workshop unter anderem. Die erste Frage die im Raum stand war nämlich: „Was ist von den Erkenntnissen und Beschlüssen von Rio denn tatsächlich in den vergangenen 20 Jahren umgesetzt worden?“ Nach kurzem Schweigen, haben dann einige in der Runde festgestellt… nicht genug. Es scheint, dass es nicht möglich ist, ein globales Gespräch in Gange zu setzen, dass jeden erreicht, der an den Missständen die unsere Umwelt offensichtlich zerstören, etwas ändern könnte.

Mein Einwurf, dass dieses globale Gespräch doch im Internet längst stattfindet und nur die Entscheider, die an den richtigen Hebeln sitzen, dieses Gespräch ignorieren (zum Teil ja sogar bekämpfen), wurde leider mit den üblichen „Unfug“ Kommentaren abgetan.

Prof. Dr. Uwe Schneidewind (Präsident des Wuppertal-Instituts) hat in seinem Vortrag „Die Transformation zur klimaverträglichen Gesellschaft“ die wissenschaftlichen Grundlagen zum „Weltverbessern“ sehr anschaulich aufgezeigt. Besonders angenehm war seine Feststellung, dass Wissenschaft nun einmal darauf konzentriert ist klein, klein zu denken und sich daher schwer damit tut, globale Untersuchungen unter Einbeziehung aller denkbaren Faktoren zu machen. Trotzdem ist es gelungen, einige wertvolle Informationen zusammen zu tragen und auszuwerten. Ich versuche ein wenig davon in „nichtakademiker“ Sprache wieder zu geben. Da war zuerst einmal die Betrachtung, welches die Grenzwerte unserer globalen Ökosysteme sind, ab derer sich die Entwicklung nicht mehr umkehren lässt. In den Bereichen Klima, Nitratkreislauf und Artenvielfalt sind diese Grenzwerte bereits erreicht bzw. überschritten. Hier ist es also nötig, weiter zu forschen, um die Folgen dieser unumkehrbaren Faktoren händeln zu können. Auch die Herausforderung, global zu handeln, wurde von Schneidewind sehr gut dargestellt. Er erklärte uns, dass es nötig sei, diejenigen Staaten zu identifizieren, die andere mitnehmen. In meinen Notizen habe ich an diesem Punkt seines Vortrages das Wort „Influenzer“ groß und mit Ausrufezeichen stehen 😉

Natürlich waren die „Schuldigen“ auch sehr deutlich erkennbar, denn wie global gehandelt werden könne, um diese Transformation der Gesellschaft umzusetzen, stellt sich in vier wesentlichen Schritten dar:

  • Umweltanalyse: Die haben wir ja in vielen verschiedenen Variationen lange vorliegen
  • Technologische Lösungen: Auch in diesem Punkt ist bereits sehr vieles erreicht
  • Politische Rahmenbedingungen und Maßnahmen: und hier haben wir also den Schuldigen, denn im Gegensatz zu Wissenschaft und Forschung kommen an diesem Punkt zu den Fakten, Emotionen + Befindlichkeiten + wirtschaftliche Interessen.
  • ökologisches Ergebnis: daher eben hier auch das Empfinden, dass Umweltanalyse und technologische Lösungen so überhaupt gar nichts verändert haben, seit dem Erdgipfel in Rio.

Nun kann ich ja meist nicht sehr viel damit anfangen, wenn mir jemand einen Schuldigen präsentiert, für ein Problem dessen Lösung mich viel mehr interessiert als die Ursachen. In diesem Fall aber, habe ich es als sehr interessant empfunden, denn die Lösungen sind ja bereits in vielen Bereichen vorhanden und da ist es doch wichtig zu wissen, wer die Umsetzung dieser Lösungen behindert. Jetzt kommt dann auch mein Influenzer Prinzip wieder ins Spiel, denn ich bin davon überzeugt, dass wir alle Influenzer sein können, wenn wir nur wissen, warum wir das sein müssen und welchen Virus wir da verbreiten sollen. Es entstand im Anschluss an diesen Vortrag eine Diskussion darüber ob das denn jetzt ein „von oben nach unten“ oder ein „von unten nach oben“ Problem sei. Da wurde dann also festgestellt, man müsse dies gesetzlich regeln und den Menschen verordnen umweltbewusst zu handeln. Andere führten an, dass aber doch Vorschriften und Gesetze nichts nutzen, wenn die Menschen nicht verstehen, warum sie überhaupt so handeln sollen. Das Rebellionen und soziale Aufstände doch zeigen, dass es „von oben nach unten“ nicht funktionieren kann…

Meiner Meinung nach ist aber genau da der Punkt, warum all die wichtigen und eilig umzusetzenden Prozesse nicht wirklich in Gange kommen. Die ewige Diskussion darüber, wer denn jetzt handeln muss. Dabei könnte es doch so einfach sein, denn wenn die Menschen aufgeklärter wären, die Informationen und das Wissen, über Umweltanalyse und technische Lösungen für jeden verständlich aufgezeigt und geteilt würden, dann kann die „Schwarm Intelligenz“ dafür sorgen, „unten“ das Bewusstsein für die nötigen Handlungen zu wecken. Es muss aber eben gleichzeitig auch „oben“ klar werden, dass diese Erkenntnisse auf allen Ebenen umgesetzt werden. Es genügt nun einmal nicht, wenn wir alle Energiesparlampen einschrauben und die Paläste weiterhin hell leuchtend auf ihren Hügeln stehen. Darüber, dass es auch eine grundsätzliche, globale Wertedebatte geben muss, waren wir uns dann aber tatsächlich einig. Wie diese globale Debatte wiederum funktionieren kann, da trennten sich wieder die Meinungen, denn das da in diesem komischen, fremdartigen, unkontrollierbaren Internet diese Debatte längst stattfindet, das wollte so richtig keiner wissen 😉

Der nächste Referent war dann Dr. Udo Klitzke von der IG Metall (ich kann übrigens keinen der Referenten irgendwie verlinken, weil keine Webpräsenzen zu finden sind, auf ich verlinken könnte, das erklärt vielleicht auch, warum keiner meine Hinweise auf sozialen Dialog im Web hören wollte bzw. verstehen konnte) „Die Gestaltungsoffensive der IG Metall“

Neben dem 20 jährigem Jubiläum des Erdgipfels in Rio feiert die IG Metal nämlich in 2012 das 40 jährige der „IGM Lebensqualitätskonferenz“ und auch vieles, das aus dieser Konferenz vor 40 Jahren entstanden ist, hat viel zu dem beigetragen, das heute wohl unter Umweltpolitik fallen könnte. Die Tatsache, dass es doch anfangs darum gehen sollte Arbeit sicherer zu machen, eben Lebensqualität der Arbeitnehmer zu verbessern, führte dazu, dass die Arbeiter verstanden haben, welchen Nutzen sie von Umweltschutzmaßnahmen haben. Dadurch habe sie es natürlich auch nach Hause getragen und dort weiter dafür gesorgt, dass auch ihre Familien von den Erfahrungen am Arbeitsplatz profitierten. Es wurde also aus Arbeitsschutz -> Humanitärer Arbeitsplatz -> Umweltschutz -> Gesundheitsbewusstsein. Der Punkt in dem Vortrag von Dr. Klitzke der mich am meisten zum weiter denken angeregt hat, war seine Feststellung, dass der Dialog zwischen Gewerkschaften und Politik vor 20 Jahren endete und seit her keine erkennbaren positiven Veränderungen für die Arbeitnehmer mehr möglich waren. Die Gewerkschaften haben ihren Auftrag verloren, als sie aufhörten die Lobbyisten der Arbeiter zu sein. Natürlich formulierte der Gewerkschaftsvertreter es anders und selbstverständlich gab er der Politik (besonders der SPD) die Schuld am Ende dieses Dialogs. Ich für meinen Teil habe da eine etwas andere Meinung, aber im Kern stimmt es, der Dialog war eingefroren und das hat heute zur Folge, dass neoliberale Politik alles erreicht was Reiche reicher und Arbeiter und Mittelstand immer ärmer macht.

Am Rande, in einer Pause, hörte ich eine interessante Theorie, warum denn die SPD vor 20 Jahren auch in die Richtung neoliberal geschwenkt sei. Mit Fall der Mauer, wurde der Sozialismus und alles womit er verbunden wurde, zum „noGo“ in unserer Nation. Der Staat hat ausgedient und darf nur noch verwalten, wirklich lenken und entscheiden muss aber die private Wirtschaft. Staatliche Betriebe aus DDR Zeiten mussten ja sowieso irgendwie unter den Hammer, da wurden dann auch gleich die Bundesdeutschen öffentlichen Unternehmen privatisiert (ok, das ist jetzt natürlich sehr viel einfacher ausgedrückt, aber im Kern weiß sicherlich jeder was gemeint ist, hoffe ich) In diesem Schwung der „Entstaatlichung“ hat eben auch die SPD sehr viele Fehler gemacht, die zu der heutigen Situation erheblich beigetragen haben.

Zurück zum Ende des Dialoges zwischen Volkspartei und Gewerkschaft (die ich ja als die Lobbyisten des Volkes sehe), aus meinem Blickwinkel fand diese Entwicklung eben auch bei den Gewerkschaften statt und daher sind Beide, im Ansehen der Menschen die mit „Volk“ gemeint sind, massiv gefallen. Das auf beiden Seiten diese Erkenntnis inzwischen immer mehr stattfindet macht mir Hoffnung, dass wir wenigstens an diesem Punkt endlich soziale Demokratie wieder herstellen können, in dem der Dialog neu aufgenommen wird. Wenn Gewerkschaften ihre „Lobbyarbeit für´s Volk“ erledigen, können Sozialdemokraten auch wieder Volkspartei sein. *vielleicht naive Anmerkungen einer Träumerin? Aber immerhin eine Möglichkeit die verquere Situation wieder in Ordnung zu bringen, irgendwann muss doch irgendwer mal damit anfangen.

 

Damit endete der erste Tag und weil am zweiten Tag das Thema „Wirtschaftsdiskurs, Wachstumspolitik und nachhaltige Entwicklung“ für sich noch einen tollen Artikel ergibt, ende ich hier vorerst. Ich unterstelle einfach mal, dass es sinnvoller ist, das bis hierhin notierte getrennt zum Thema Nachhaltigkeit zu diskutieren 😉

Partizipation…und nu kommst Du!

So kann es gehen, da habe ich die letzten Wochen soviel damit zu tun gehabt, politisch aktiv zu sein, dass mir die Zeit gefehlt hat, hier etwas davon zu schreiben… Na gut, dann eben gleich einen Rundumartikel versuchen, in der Hoffnung, das Meiste dabei zu erwähnen 😉

Eines zieht sich aber durch alle Themen der letzten Wochen: Partizipation, Bürgerbeteiligung oder politische Teilhabe für die Bürger…

Angefangen mit der neuen Internetpräsenz der Gemeinde Scheeßel. Die SPD Fraktion hatte ja gleich zu Beginn der Legislatur als eines der Hauptthemen für unsere Arbeit der kommenden fünf Jahre „Das gläserne Rathaus“ auf die Agenda gesetzt. Der erste Antrag damals lautete folgerichtig, in den Ausschüssen sogenannte „Fachkundige Bürger“ zuzulassen. Diese fachkundigen Bürger können von den Fraktionen in den entsprechenden Fachausschuss entsendet werden um dort zu den politischen Diskussionen ihr Fachwissen einzubringen. Diese Fachkundigen hätten zwar kein Stimmrecht, das bedeutet also, dass bei den Abstimmungen jede Fraktion die ihren Platz für einen Bürger frei macht, auf ihre Stimme verzichtet. Uns ist und war es aber wichtiger auf der Basis von echtem Sachverstand zu diskutieren und die Bürger der Gemeinde in diese Diskussionen einzubeziehen. Dieser Antrag wurde damals aber mit der Mehrheit der CDU abgelehnt. Einige Zeit später haben wir dann beantragt, einen Bürgerinformationsdienst auf der offiziellen Internet Seite der Gemeinde einzurichten, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen und rechtzeitig über anstehende Entscheidungen im Rat zu informieren, damit die Bürger bei Themen die sie betreffen entsprechend ihre Meinung dazu sagen können. Auch dieser Antrag wurde im ersten Anlauf rund-weg von der Mehrheitsfraktion abgelehnt. Darauf hin hat sich ein einzelner Bürger daran gemacht, alle öffentlichen Sitzungen auf seiner privaten Webseite anzukündigen und hinterher zu dokumentieren. Er ist also zu jeder öffentlichen Sitzung erschienen und hat alles mitgeschrieben, was innerhalb dieser Sitzungen gesagt wurde und hat dies im Anschluss meist sachlich korrekt auf seiner privaten Seite veröffentlicht. Dies hatte leider zur Folge, dass unsere Verwaltungschefin gegen diese private Internetseite vorgegangen ist und mit -nennen wir es mal vorsichtig- kreativen Mitteln und Begründungen dafür gesorgt hat, dass dieser engagierte Bürger seine Seite unter anderer Domain und nur mit Login Zugangshürden weiter betreiben konnte. Warum denn nun überhaupt diese Ablehnung jeglicher Bürgerbeteiligung? Dazu habe ich vor einiger Zeit bereits einen Artikel geschrieben: Politik=Frust?

Inzwischen wurde aber wenigstens ein Bürgerinfodienst auf der offiziellen Scheeßel Seite eingerichtet und Bürger können sich nach „nur“ 4-5 Klicks über die anstehenden Sitzungen im Rathaus Scheeßel informieren. Wer also die Muße hat und sich über scheessel.de über Rathaus&Politik zu Bürgerinfodienst und schließlich zum Sitzungskalender durch gearbeitet hat, der darf sich damit belohnen, die Inhalte der anstehenden Sitzungen aus drei verschiedenen Variationen von Einladungen heraus zu finden. Wir waren, als uns dieser neue Bürgerinfodienst vorgestellt wurde auch wirklich zuversichtlich, dass unsere Verwaltung diesen ganzen Aufwand ja sicherlich nicht betrieben hat, um die neue Plattform jetzt ungenutzt zu lassen… doch schade, klickt sich der interessierte Bürger durch diesen langen Weg zur Info, vielleicht aktuell auf der Suche nach Details zur nächsten Ausschusssitzung Wirtschaft/Tourismus/Kultur und Heimatpflege, in dem ein renommierter Planer uns das Thema „Bürgerbus“ genauer vorstellen wird, bekommt er im Moment (Stand 14.06.2011) das hier zu sehen:

Im Bild habe ich einmal die Symbole am Rand benannt, damit jeder erkennt, dass genau diese Informationen wegen derer der interessierte Bürger überhaupt bis zu diesem Kalender durch klickt, bei den wirklich für die meisten Scheeßeler interessanten oder sogar wichtigen Sitzungen, fehlen.

Warum nur wird in Scheeßel alles daran gesetzt, den Bürger von öffentlichen Sitzungen fern zu halten? Im Falle der Sitzung am 27.06.2011 zum Beispiel, könnte man vermuten, dass es etwas damit zu tun hat, dass das Thema „Bürgerbus“ auf Antrag der Oppositionsfraktionen überhaupt behandelt wird. Der Referent Herr Stempel kommt auf Einladung der SPD Fraktion nach Scheeßel und zum Gelingen dieses Bürgerbus Projektes ist eine hohe Bürgerbeteiligung von Anfang an sehr wichtig. Die Bürgermeisterin hatte sich sehr darüber echauffiert, als ich ihr mitteilte, dass wir eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema Bürgerbus planen und mir vorgeworfen, wir würden daraus ein parteipolitisches Thema machen. Tatsächlich ist es aber auch Parteipolitik, Themen die von Seiten der SPD, der Grünen oder der „Freien“ kommen, als Verwaltungssache zu behandeln, Themen der CDU aber immer auch deutlich als CDU Sache zu titulieren… Oder ist das vielleicht nur mein Eindruck?

Noch wichtiger ist es, dass zur Ratssitzung am 30.06. genauere Informationen zu den Inhalten der Sitzung bekannt gemacht werden, denn das ist die letzte Ratssitzung vor der Kommunalwahl und Bürger, die ihre Entscheidung für die Kommunalwahl am 11.09.2011 anhand von tatsächlicher Ratsarbeit der aktuellen Mandatsträger fällen wollen, statt aufgrund von Wahlkampfsprüchen, die haben dann die letzte Gelegenheit dazu.

Wenn also der, von uns immer wieder ernst genommene und ins Rathaus getragene, Ruf nach mehr Partizipation und Bürgerbeteiligung in Scheeßel, wirklich ernst gemeint ist, dann freue ich mich darauf, diejenigen die sich tatsächlich beteiligen wollen in den nächsten Wochen im Rathaus zu treffen. In einer Demokratie entscheiden Mehrheiten, wer also die Politik ändern will, der muss an den Mehrheiten etwas ändern…

Noch ein Hinweis in Fraktionspolitischer Sache… Die SPD Fraktion im Gemeinderat Scheeßel hat jetzt auch eine eigene Facebookseite Wer also über Sitzungen und Themen informiert sein möchte, ohne dafür stundenlang durch die Hürden der offiziellen Seite oder das leider zum Selbstschutz des Betreibers nötige Login des engagierten Bürgers, zu klicken, der kann ja einfach auf den „gefällt mir“ Button oben auf der Seite dort klicken, dann wird er laufend über Sitzungen und Inhalte der Sitzungen informiert. Leider auch nur im Rahmen des von unserer Bürgermeisterin erlaubten, denn sie kontrolliert alles und wenn ihr nicht passt was da steht, dann findet sie immer irgend einen Weg, öffentliche Information zu unterbinden… selbst auf Pressemitteilungen in denen wir uns erfreut über eine Entscheidung im Verwaltungsausschuss geäußert haben, hat sie uns darauf hingewiesen, es stünde uns nicht zu, dies zu tun… Wenn wir allerdings öffentlich etwas gefragt werden, dann dürfen wir antworten, das bedeutet für die Bürger in Scheeßel, die eine Frage auf der Facebookseite stellen, dass wir diese auch beantworten soweit möglich. Auch können wir Anregungen und Hinweise die uns die Bürger unserer Gemeinde dort hineinschreiben aufnehmen und weiter tragen. Das ist für uns ein Teil Bürgerbeteiligung und daher hoffen wir natürlich auf viele Menschen, die dieses Medium nutzen, um die Politik in Scheeßel mit zu gestalten.