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Neues aus dem Rathaus von Schilda…ähm Scheeßel

Haushaltsberatungen sind bekanntlich die Zeit, in der sich die Politik mal so richtig präsentieren kann. Da werden Anträge formuliert und bestmöglich präsentiert, Argumente für oder gegen eine Haushaltsposition diskutiert und das Ergebnis von denen die´s bezahlen sollen (den Bürgern) positiv oder negativ kritisiert. Das ist auf allen politischen Ebenen das Gleiche.

Wenn dieses Prozedere dann in einem Wahljahr stattfindet, die Regierenden also darum bemüht sind, ihren Status Quo zu erhalten und Opposition sich für das Gegenteil engagiert, dann gibt es meistens in dem Haushalt, einige hübsche Wahlgeschenke, für die sonst immer kein Geld da war. Auch das ist überall ähnlich, unabhängig davon, welche Partei gerade regiert oder eben nicht. An sich ist das ja auch in Ordnung, denn um aus dem „Gegenlager“ Wählerstimmen ab zu fischen, gibt es natürlich auch kleine Nettigkeiten außerhalb der eigenen Klientel. Als Opposition ist es dann natürlich schwieriger, sich selber bei der eigenen Klientel zu profilieren, denn diese Nettigkeiten ablehnen geht ebenso wenig, wie noch größere Präsente im Haushalt zu fordern, schließlich hat man ja auch Verantwortung dafür, die Schulden die in so einem Wahljahr gemacht werden im Auge zu behalten. Also immer noch alles auf allen politischen Ebenen gleich, egal ob Bund oder Kommune, unabhängig ob Schwarz, Gelb, Rot oder Grün.

Der größte Unterschied liegt in der Wahrnehmung der Menschen, denn der Bundeshaushalt wird vor laufenden Fernsehkameras diskutiert, so dass jeder Steuerzahler gemütlich in der eigenen Stube verfolgen kann, was da so alles mit unserem Geld gemacht werden soll. So ein kommunaler Haushalt wird eben in kleinen Ausschusssitzungen erarbeitet und interessierte Bürger kommen ins Rathaus, um in diesen Sitzungen zu erfahren, wer denn jetzt was fordert und wo in der eigenen Stadt oder Gemeinde investiert werden soll. Auch darin, wie später, wenn Medienrummel und Ausschusssitzungen rum sind, tatsächlich mit dem Geld umgegangen wird bzw. wie die Bürger das erleben, liegen gravierende Unterschiede. Während bei den im Bundeshaushalt diskutierten Investitionen die wenigsten darauf achten, ob das alles tatsächlich umgesetzt wird oder das meiste dann nach der Wahl allgemeinem Alzheimer zum Opfer fällt, werden in den Kommunen die Bürger je nach persönlicher Interessenlage, etwas ungehalten. Wenn dann also der Kindergarten der da entstehen sollte, immer noch nicht gebaut ist, fragen die Leute schon mal nach. Kommunalpolitiker gehen ja für gewöhnlich da einkaufen, wo die potenziellen Wähler auch shoppen. Bürgernähe ist bei Kommunalpolitikern schließlich ganz groß geschrieben…. normaler Weise… Dass das in Scheeßel etwas anders ist und warum, steht ja in den voran gegangenen Artikeln.

Wir befinden uns also aktuell mitten in den Haushaltsberatungen und sitzen beinahe jeden Abend in den verschiedenen Ausschüssen. Die Ausschüsse in unserer Gemeinde sind wie folgt aufgeteilt: Straßen und Wege | Bau/Planung-Umwelt- und Naturschutz | Jugend-Soziales-Senioren-Sport | Schule | Kernort (als Einheitsgemeinde haben wir um Scheeßel drumrum noch 11 Dörfer für die jeweils ein Ortsrat zuständig ist, für Scheeßel selber gibt es keinen Ortsrat, das ist der Kernort Ausschuss) | Wirtschaft-Tourismus-Kultur-Heimatpflege | Feuerwehr | Finanzen und zu guter Letzt den nicht öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss. In jedem dieser Ausschüsse gibt es Ausgaben zu planen und zu diskutieren, die wichtigsten sind dabei natürlich für die SPD Fraktion der Schulausschuss und Jugend-Soziales, weswegen ich auch den Vorsitz des Schulausschusses übernommen habe und mein Fraktionskollege den Stellvertreter neben der Grünen Ausschussvorsitzenden im JSSS Ausschuss. Alle anderen Ausschüsse werden von der CDU geleitet. Wer weiß, dass ein Hauptamtlicher Bürgermeister als Verwaltungschef keine Politik machen darf und für politische Entscheidungen ausschließlich der Rat zuständig ist, wird sich jetzt sicherlich wundern darüber, dass bei uns in Scheeßel von Seiten der Bürgermeisterin mehr Politik gemacht wird als von allen Ratsmitgliedern. Das fängt schon damit an, dass die Tagesordnung durch die Verwaltung bestimmt wird und dabei Anträge, die der Verwaltungschefin nicht gefallen, einfach nicht als Tagesordnungspunkt erscheinen. Oder aber soviel in eine einzige Sitzung gequetscht wird, dass für eine wirkliche Diskussion um Sachfragen, keine Zeit bleibt. Für alle Ausschüsse, außer den beiden die nicht durch CDU Leute geleitet werden, finden über´s Jahr immer mal wieder Sitzungen statt, so dass die Entscheidungen für oder gegen Investitionsmaßnahmen, im Rahmen einer ausführlichen Diskussion getroffen werden können. Obwohl… nein ein Ausschuss tagt auch nur einmal im Jahr, der Wirtschaftsausschuss und das aus einem simplen wie unangenehmen Grunde. In unserer Gemeinde gilt es als aktive Wirtschaftsförderung, wenn die vom Land beschlossenen Fördermaßnahmen umgesetzt werden und die Bürgermeisterin an den Treffen des Gewerbevereins teilnimmt, um dort allerdings nur ihre eigenen Interessen zu vertreten. Alles was darüber hinaus möglich wäre, um unsere Gemeinde auch für Investoren und Gewerbesteuerzahler attraktiv zu machen, ist in Scheeßel kein Thema. „Dafür sind die Gewerbetreibenden selber verantwortlich, da können wir von Rat und Verwaltung doch gar nichts machen!“ so die Bürgermeisterin und so kommt es, das wir inzwischen mehr leer stehende Geschäfte im Kernort haben, als „noch“ laufende. Auf den Hinweis, dass die Mieten in Scheeßel einfach viel zu teuer sind, kontert ausgerechnet der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses:“ Ich lass mir doch nicht von Rat oder Verwaltung vorschreiben, welche Mieten ich für meine Immobilien kassiere!“ Tja, und so kommt es, dass eine Gemeinde, die normaler Weise schon auf Grund ihrer Lage und der wirklich schönen Lebensqualität auf den umliegenden Dörfern, sich mit dem Thema „Demographischer Wandel“ und dem daraus resultierenden Einwohner Schwund, in jeder Sitzung dieser Haushaltsberatungen befassen sollte. Einer der vielen unsinnigen Anträge der CDU Fraktion innerhalb dieses Wahljahreshaushaltes… aber dazu mehr in einem weiteren Bericht aus dem Rathaus, in dem man sich gelegentlich vorkommt wie im Kömödienstadel…

Transparente Kommunalpolitik überfordert die Bürger?

Es könnte doch so einfach sein, in einer rund 13.000 Einwohner zählenden Gemeinde Ratsarbeit im Sinne der Mehrheit aller Bürger zu machen. Das Internet bietet schließlich alle Möglichkeiten, die es braucht, auch die Menschen zu erreichen, die nicht täglich ins Rathaus laufen, um sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen… KÖNNTE! Wenn es denn gewollt wäre alle Bürger ein zu beziehen…

Tatsächlich ist es aber so, dass es in unserer kleinen Gemeinde Scheeßel so gar nicht gewollt ist, die Bürger in Entscheidungsprozesse mit ein zu beziehen. Schlimmer noch… Selbst die Ratsleute, die nicht in der Mehrheitsfraktion sind, werden aus mancher Entscheidung einfach herausgehalten. Da werden Beschlussvorlagen, die Basis auf der die gewählten Volksvertreter Entscheidungen treffen, so spät zugestellt, dass es kaum möglich ist, sich fundiert mit dem anstehenden Thema zu befassen. Nun sind wir ja in so einem Gemeindeparlament alles nur „Hobbypolitiker“ die ehrenamtlich, neben der normalen Arbeit, Politik machen. So kommt es auch, dass meist Rentner und Beamte in den Kommunalparlamenten sitzen, denn wer von morgens 7:00 Uhr bis abends 19:00 Uhr für den normalen Broterwerb unterwegs sein muss, der hat ja gar keine Zeit für Ratsarbeit. Gerade in unserer Gemeinde ist das besonders dadurch ausgeprägt, dass wir hier in erster Linie „Wohnort“ sind. Das heißt, die meisten Arbeitnehmer hier im Ort, pendeln zwischen Hamburg, Bremen oder sogar Hannover und Scheeßel hin und her. Selbst wer also schon um 17:00 Uhr Feierabend hat, muss immer noch wenigstens eine Stunde Fahrt hinter sich bringen um Zuhause anzukommen. Sitzungen in unserem Rathaus fangen aber oft genug bereits um 16:00, 17:00 oder spätestens 19:30 Uhr an. Der pendelnde Arbeitnehmer hat also schon einmal gar keine Zeit, sich an der politischen Entscheidungsfindung in unserer Gemeinde zu beteiligen. Die einzige Chance, hier ein bisschen Informationen zu bekommen, ist die Tageszeitung, die im Anschluss an die öffentlichen Sitzungen berichtet, was beschlossen wurde. Im Internet, dem Medium auf das alle zugreifen können, wenn sie gerade Zeit dafür haben, steht nichts.

Kommunale Entscheider müssen sich um viele grundverschiedene Themen kümmern. Das Spektrum reicht von Kindergärten bis Straßenbau, von Bauvorschriften bis Betreuungszeiten und vor allem dreht es sich immer darum, wie mit den Steuern der Bürger sinnvoll umgegangen wird, so dass auch alle etwas davon haben… So sollte es zumindest sein. Die „großen“ Politiker auf Landes- und Bundesebene haben dafür ja Berater und Mitarbeiter, die Hintergrundinformationen beschaffen und bei wirklich komplizierten Sachverhalten die zur Entscheidungsfindung nötigen Kompetenzen beitragen. In einem kleinen Kommunalparlament sind die Ratsleute darauf angewiesen, diese Fachinformationen selber zu suchen bzw. bei Fachleuten zu erfragen. Es ist also wichtig, die zur Entscheidung anstehenden Themen und Inhalte rechtzeitig zu erfahren, um eben diese Informationen einholen zu können. Wenn also die Vorlagen, aus denen wir überhaupt erst erfahren, welche Themen anstehen, erst auf den letzten Drücker, den Ratsleuten vorliegen, bleibt keine Zeit, sich korrekt vorzubereiten.

Noch schlimmer ist es da, dass Bürger, die eventuell durch diese Entscheidungen betroffen sein könnten, erst dann über bestimmte Sachverhalte informiert werden, wenn dieses Thema in einer öffentlichen Sitzung diskutiert wird. Der Termin für diese öffentlichen Sitzungen erscheint meist kurzfristig in der Tageszeitung und der Bürger kommt dann ins Rathaus, um den Diskussionsverlauf zu verfolgen, kann aber überhaupt nicht mitreden. Es gibt zwar die Möglichkeit Fragen zu stellen, aber dies findet ganz am Anfang der Sitzung statt und zu diesem Zeitpunkt wissen die Menschen, die sich im Rathaus eingefunden haben meist noch gar nicht, was genau denn im Laufe der Sitzung diskutiert werden soll. Egal was also im Rat der Gemeinde Scheeßel entschieden wird, es wird von einigen gewählten Vertretern entschieden. Den meisten Scheeßelern ist da das Wählen schon vor vielen Jahren vergangen. Der immer wieder gehörte Satz:“ Die machen doch eh nur was sie wollen“ trifft hier leider deutlich ins „Schwarze“… Tatsächlich gehen hier nur noch die konservativen Wähler zur Urne, was zur Folge hat, dass aktuell 19 CDU Ratsleute gegenüber einer 12 Mann/Frau „starken“ Opposition sitzen. Diese extremen Mehrheitsverhältnisse werden noch verschärft, durch eine hauptamtliche Bürgermeisterin, die (ebenfalls CDU natürlich) mehr Politikerin ist, als Verwaltungschefin. Was in unserer Verwaltung entschieden wird, ist also oft klar von Parteipolitik geprägt, was in einer Kommune ja so gar nicht vorkommen dürfte. Die Politikverdrossenheit bei uns am Ort wächst also unaufhaltsam weiter.

Um jetzt den Bürgern die Möglichkeit zu geben, an diesen Entscheidungsfindungen im Rat mit zu wirken, haben wir als SPD Fraktion bereits vor mehr als 2 Jahren den Antrag gestellt, einen Bürgerinformationsbereich auf der gemeindeeigenen Internet Präsenz einzurichten, in dem eben diese oben erwähnten Informationsvorlagen öffentlich einsehbar sein sollten. Auch Sitzungsprotokolle und andere Unterlagen, die den Bürger in die Lage versetzen könnten, die Entscheidungsfindung nach zu vollziehen bzw. in Themen die sie betreffen auch eingreifen zu können. Wir sind der Meinung, dass unsere „Auftraggeber“ also die Bürger, doch durchaus in der Lage sind, zu beurteilen, was sie selber wollen. Vor allem, scheint vieles schlicht einfacher zu entscheiden, wenn die Themen relevanten Informationen vorab von Menschen beurteilt werden, die von dem jeweiligen Sachgebiet auch etwas verstehen.  Dieser Antrag ist damals aber solange in die unterschiedlichsten Gremien verwiesen worden, dass bis heute darüber nie entschieden wurde. Deshalb haben wir eben diesen Antrag noch einmal gestellt…

Inzwischen haben einige Bürger unserer hübschen Gemeinde begonnen, eben diese Informationen einzufordern und ein besonders engagierter Mitbürger hat auf seiner Internetseite eine Art Infoservice gestartet, in dem er an jeder öffentlichen Sitzung im Rathaus teilnimmt und alles was da diskutiert wird genau mitschreibt. Dieser engagierte Bürger wurde allerdings von Seiten unserer Verwaltungschefin abgemahnt. Nein, natürlich nicht dafür, dass die CDU oder die Bürgermeisterin in seinen Berichten nicht gerade positiv dargestellt werden, sondern weil er eine Domain nutzt, die unsere Verwaltung plötzlich für sich beansprucht und vor allem weil er (und das ist leider tatsächlich rechtswidrig), Inhalte der offiziellen Scheeßel.de Seite in seine eigene hinein kopiert. Es entsteht also stellenweise der Eindruck, diese Seite sei die offizielle Gemeindeseite und da hat die Gemeinde eben nicht nur das Recht auf ihrer Seite, sondern wir als Ratsleute auch die Pflicht, diesen Rechtsanspruch mit einzufordern. Mir persönlich geht das natürlich ganz gewaltig gegen den Strich… Wenn jetzt aber die Informationen die dieser engagierte Bürger dort zur Verfügung stellt, von vorn herein auf der offiziellen Scheeßel.de Seite stehen würde, hätte er ja gar keine Veranlassung mehr, selber aktiv zu werden. Dies war auch unser Argument, unseren Antrag zu erneuern. Das hat dann wohl auch unsere Bürgermeisterin so gesehen, denn eine Woche nachdem unser Antrag (zum nachlesen bei Mr. Wong) im Rathaus eingegangen ist, entstand eine eigene Beschlussvorlage der Verwaltung. In dieser Vorlage wird angeboten, man könne die Sitzungstermine, Einladungen zur Sitzung und genehmigte Protokolle auf der Seite veröffentlichen. In der mehrere Seiten langen Erklärung steht dann, dass (mit meinen Worten interpretiert) den Bürgern der Gemeinde Scheeßel nicht zugetraut wird, weitere Informationen zu Themen die im Rat entschieden werden, zu verstehen. Auch wird auf die Gefahr hingewiesen, dass es ja ungeahnte Folgen haben kann, wenn Informationen ins WWW gestellt würden, schließlich kann dann ja die ganze Welt lesen, was wir in Scheeßel so beschließen… Es wird dann auch noch darauf hingewiesen, dass ja Google Street View und Wikileaks aktuell zeigen, wie „gefährlich“ es ist, Informationen über das Internet zu veröffentlichen… Ok, als Blogleser werdet ihr jetzt wahrscheinlich an dieser Stelle eine kleine Pause brauchen um die Lachtränen zu trocknen 😉 Wir müssen uns aber tatsächlich, ernsthaft und sachlich mit derartigen „Argumenten“ auseinander setzen…

In der ersten (nichtöffentlichen) Diskussion zu diesen beiden Anträgen, fielen Äußerungen, die ich leider (da nichtöffentliche Sitzung) hier nicht wieder geben darf. Ich für meinen Teil bin aber wirklich entsetzt darüber, wie CDU Kommunalpolitiker (zumindest hier vor Ort) ihren Auftrag als gewählte Ratsherren verstehen. Es bleibt spannend, wie denn dieses Thema in öffentlicher Sitzung besprochen wird, denn dann sitzen hoffentlich die Bürger im Ratssaal, denen diese Informationen vorenthalten werden, aktuell mit der Begründung sie könnten diese Informationen ja sowieso nicht verstehen… Wen´s interessiert, am 16.12.2010 findet diese öffentliche Ratssitzung ab 19:30 Uhr im Rathaus Scheeßel statt.