Archiv der Kategorie: Politik

Weil´s einfach lustig wäre …

Update 02.02.2011: Ok, wenigstens der Blindtext als Begrüßung ist schon mal gegen ein „Wird überarbeitet“ ausgetauscht und auch die Mustermänner sind verschwunden ;o} Tja, ist schon kompliziert, da muss man ja unbedingt im Internet präsent sein, weil ja Wahlkampf ist und dabei will man doch am liebsten das ganze Internet abschalten…

Nur um auch zu zeigen, über wen ich hier in letzter Zeit so schreibe, hier ein paar Screenshots von dem Webauftritt der CDU in Scheeßel. Aktuell (26.01.2011) scheinen wir es im Gemeinderat auf Seiten der Mehrheitsfraktion mit lauter Mustermännern zu tun zu haben. Wenn es nicht so traurig wäre, man könnte sich königlich amüsieren…

Willkommensbildschirm der Scheeßeler Union am 26.01.2011

Willkommensbildschirm der Scheeßeler Union am 26.01.2011

Ja, ihr lest richtig… lorem ipsum und so weiter…

Es ist sicher schwer, freundliche, wertschätzende Begrüßungsworte zu finden, wenn Wertschätzung gegenüber anderen Menschen so gar nicht im Parteiprogramm vorkommt…

Lauter Mustermänner im Scheeßeler Gemeinderat

Lauter Mustermänner im Scheeßeler Gemeinderat

Neues aus dem Rathaus von Schilda…ähm Scheeßel

Haushaltsberatungen sind bekanntlich die Zeit, in der sich die Politik mal so richtig präsentieren kann. Da werden Anträge formuliert und bestmöglich präsentiert, Argumente für oder gegen eine Haushaltsposition diskutiert und das Ergebnis von denen die´s bezahlen sollen (den Bürgern) positiv oder negativ kritisiert. Das ist auf allen politischen Ebenen das Gleiche.

Wenn dieses Prozedere dann in einem Wahljahr stattfindet, die Regierenden also darum bemüht sind, ihren Status Quo zu erhalten und Opposition sich für das Gegenteil engagiert, dann gibt es meistens in dem Haushalt, einige hübsche Wahlgeschenke, für die sonst immer kein Geld da war. Auch das ist überall ähnlich, unabhängig davon, welche Partei gerade regiert oder eben nicht. An sich ist das ja auch in Ordnung, denn um aus dem „Gegenlager“ Wählerstimmen ab zu fischen, gibt es natürlich auch kleine Nettigkeiten außerhalb der eigenen Klientel. Als Opposition ist es dann natürlich schwieriger, sich selber bei der eigenen Klientel zu profilieren, denn diese Nettigkeiten ablehnen geht ebenso wenig, wie noch größere Präsente im Haushalt zu fordern, schließlich hat man ja auch Verantwortung dafür, die Schulden die in so einem Wahljahr gemacht werden im Auge zu behalten. Also immer noch alles auf allen politischen Ebenen gleich, egal ob Bund oder Kommune, unabhängig ob Schwarz, Gelb, Rot oder Grün.

Der größte Unterschied liegt in der Wahrnehmung der Menschen, denn der Bundeshaushalt wird vor laufenden Fernsehkameras diskutiert, so dass jeder Steuerzahler gemütlich in der eigenen Stube verfolgen kann, was da so alles mit unserem Geld gemacht werden soll. So ein kommunaler Haushalt wird eben in kleinen Ausschusssitzungen erarbeitet und interessierte Bürger kommen ins Rathaus, um in diesen Sitzungen zu erfahren, wer denn jetzt was fordert und wo in der eigenen Stadt oder Gemeinde investiert werden soll. Auch darin, wie später, wenn Medienrummel und Ausschusssitzungen rum sind, tatsächlich mit dem Geld umgegangen wird bzw. wie die Bürger das erleben, liegen gravierende Unterschiede. Während bei den im Bundeshaushalt diskutierten Investitionen die wenigsten darauf achten, ob das alles tatsächlich umgesetzt wird oder das meiste dann nach der Wahl allgemeinem Alzheimer zum Opfer fällt, werden in den Kommunen die Bürger je nach persönlicher Interessenlage, etwas ungehalten. Wenn dann also der Kindergarten der da entstehen sollte, immer noch nicht gebaut ist, fragen die Leute schon mal nach. Kommunalpolitiker gehen ja für gewöhnlich da einkaufen, wo die potenziellen Wähler auch shoppen. Bürgernähe ist bei Kommunalpolitikern schließlich ganz groß geschrieben…. normaler Weise… Dass das in Scheeßel etwas anders ist und warum, steht ja in den voran gegangenen Artikeln.

Wir befinden uns also aktuell mitten in den Haushaltsberatungen und sitzen beinahe jeden Abend in den verschiedenen Ausschüssen. Die Ausschüsse in unserer Gemeinde sind wie folgt aufgeteilt: Straßen und Wege | Bau/Planung-Umwelt- und Naturschutz | Jugend-Soziales-Senioren-Sport | Schule | Kernort (als Einheitsgemeinde haben wir um Scheeßel drumrum noch 11 Dörfer für die jeweils ein Ortsrat zuständig ist, für Scheeßel selber gibt es keinen Ortsrat, das ist der Kernort Ausschuss) | Wirtschaft-Tourismus-Kultur-Heimatpflege | Feuerwehr | Finanzen und zu guter Letzt den nicht öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss. In jedem dieser Ausschüsse gibt es Ausgaben zu planen und zu diskutieren, die wichtigsten sind dabei natürlich für die SPD Fraktion der Schulausschuss und Jugend-Soziales, weswegen ich auch den Vorsitz des Schulausschusses übernommen habe und mein Fraktionskollege den Stellvertreter neben der Grünen Ausschussvorsitzenden im JSSS Ausschuss. Alle anderen Ausschüsse werden von der CDU geleitet. Wer weiß, dass ein Hauptamtlicher Bürgermeister als Verwaltungschef keine Politik machen darf und für politische Entscheidungen ausschließlich der Rat zuständig ist, wird sich jetzt sicherlich wundern darüber, dass bei uns in Scheeßel von Seiten der Bürgermeisterin mehr Politik gemacht wird als von allen Ratsmitgliedern. Das fängt schon damit an, dass die Tagesordnung durch die Verwaltung bestimmt wird und dabei Anträge, die der Verwaltungschefin nicht gefallen, einfach nicht als Tagesordnungspunkt erscheinen. Oder aber soviel in eine einzige Sitzung gequetscht wird, dass für eine wirkliche Diskussion um Sachfragen, keine Zeit bleibt. Für alle Ausschüsse, außer den beiden die nicht durch CDU Leute geleitet werden, finden über´s Jahr immer mal wieder Sitzungen statt, so dass die Entscheidungen für oder gegen Investitionsmaßnahmen, im Rahmen einer ausführlichen Diskussion getroffen werden können. Obwohl… nein ein Ausschuss tagt auch nur einmal im Jahr, der Wirtschaftsausschuss und das aus einem simplen wie unangenehmen Grunde. In unserer Gemeinde gilt es als aktive Wirtschaftsförderung, wenn die vom Land beschlossenen Fördermaßnahmen umgesetzt werden und die Bürgermeisterin an den Treffen des Gewerbevereins teilnimmt, um dort allerdings nur ihre eigenen Interessen zu vertreten. Alles was darüber hinaus möglich wäre, um unsere Gemeinde auch für Investoren und Gewerbesteuerzahler attraktiv zu machen, ist in Scheeßel kein Thema. „Dafür sind die Gewerbetreibenden selber verantwortlich, da können wir von Rat und Verwaltung doch gar nichts machen!“ so die Bürgermeisterin und so kommt es, das wir inzwischen mehr leer stehende Geschäfte im Kernort haben, als „noch“ laufende. Auf den Hinweis, dass die Mieten in Scheeßel einfach viel zu teuer sind, kontert ausgerechnet der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses:“ Ich lass mir doch nicht von Rat oder Verwaltung vorschreiben, welche Mieten ich für meine Immobilien kassiere!“ Tja, und so kommt es, dass eine Gemeinde, die normaler Weise schon auf Grund ihrer Lage und der wirklich schönen Lebensqualität auf den umliegenden Dörfern, sich mit dem Thema „Demographischer Wandel“ und dem daraus resultierenden Einwohner Schwund, in jeder Sitzung dieser Haushaltsberatungen befassen sollte. Einer der vielen unsinnigen Anträge der CDU Fraktion innerhalb dieses Wahljahreshaushaltes… aber dazu mehr in einem weiteren Bericht aus dem Rathaus, in dem man sich gelegentlich vorkommt wie im Kömödienstadel…

Politik=Frust?

Ja, es ist schon frustrierend mit der Politik -ob schwarz/gelbe Lobby Entscheidungen in Berlin, Minister Bingo in Niedersachsen, oder kommunale Ungerechtigkeiten und Fehlentscheidungen- Auf allen Ebenen entscheiden Politiker scheinbar nur nach eigenem Gutdünken, ohne Rücksicht auf bzw. Interesse an den Wünschen der Menschen, in deren Auftrag sie doch eigentlich in ihre Position gelangt sind.

„Politiker machen ja sowieso alle was sie wollen!“ oder „Ich gehe nicht mehr wählen, bringt doch eh nichts!“ Sätze die immer öfter ausdrücken, was überall Politikverdrossenheit heißt und von allen politisch Aktiven als ganz furchtbar bezeichnet wird. Allerorten wird dann auch darüber sinniert, wie diese böse Politikverdrossenheit bekämpft werden könnte. Ist ja auch übel, wenn die Auftraggeber so gar keinen Grund mehr sehen, Aufträge zu vergeben. Unser Wahlrecht sieht aber ja vor, dass auch wenn nur 50% aller Wahlberechtigten wählen gehen, das Ergebnis 100%ig scheint. Derjenige der also von der Hälfte aller Wahlberechtigten die meisten Stimmen bekommt, kann hinterher behaupten, die Mehrheit aller Bürger im Wahlbereich hätte ihn gewählt. Er fühlt sich also berufen, seine Entscheidungen als „im Sinne des Volkes“ zu erklären, dass er ja ein mehrheitlich gewählter Vertreter der Bürger ist. Schnell geht da das Augenmaas verloren, was denn nun tatsächlich im Sinne des Volkes ist. Wenn zu allem Übel dieser „Volksvertreter“ auch noch über Jahrzehnte seine Mehrheiten zusammen bringt, also keinen Grund hat um seine „Machtstellung“ im Wahlbereich gefährdet zu sehen, ist es mit dem Augenmaas dann endgültig vorbei. Es entwickelt sich so eine Art von „Arroganz der Macht“ die dazu führt, dass tatsächlich nur noch nach eigenem Gutdünken entschieden wird und die Idee, der Bürger könnte da womöglich ganz anderer Meinung sein, wird als unsinnig abgewunken.

Wie ich ja im vorherigen Artikel bereits beschrieben habe, ist diese „Arroganz der Macht“ in unserer Gemeinde besonders ausgeprägt, da hier seit eh und je eine deutliche CDU Mehrheit besteht. Wie das dann in der aktiven politischen Arbeit aussieht, möchte ich hier einmal beschreiben, dann fällt vielleicht auf, Frust besteht nicht nur auf Seiten derer die Politik beobachten…

Am gestrigen Abend fand also die Ratssitzung statt, in der unser Antrag auf Einrichtung eines Bürgerinformationsservices auf der offiziellen Gemeinde Homepage öffentlich behandelt wurde. Schon der Faktor Öffentlichkeit fiel aber flach, zum einen wussten die meisten Menschen in Scheeßel gar nichts davon, dass diese Ratssitzung überhaupt stattfand, denn der Hinweis auf diese Sitzung stand nur in der Tageszeitung und auch erst gestern Morgen, so dass diejenigen, die erst nach Feierabend Gelegenheit haben in die Zeitung zu schauen, zu spät davon erfahren haben. Zum anderen war ja nun unglücklicher Weise auch noch die „Schneewalze“ mit Namen Petra übers Land gezogen, was sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass selbst die treuesten Ratsbesucher weg geblieben sind. Tatsächlich fand diese Ratssitzung also vor Null jawohl vor absolut keiner Öffentlichkeit statt. Einzig die beiden Vertreter unserer örtlichen Presse waren da, so dass also die Hoffnung besteht, dass wenigstens die Zeitungsleser etwas von dem Verlauf unserer Sitzung mitbekommen könnten. Nun ist es ja allgemein bekannt, dass Lokalpresse nur bedingt unabhängig und neutral berichtet, da Chefredakteure es sich ungerne mit den politischen Entscheidern verderben (Ausnahmen sind da leider wirklich die berühmte Bestätigung der  Regel und hier vor Ort eher selten) Die Mehrheitsfraktion hatte also keinen Grund, in irgendeiner Weise Bürgernähe zu demonstrieren oder wenigstens den Hauch von Interesse an echter politischer Diskussion und Entscheidungsfindung vorzutäuschen.

Die Mehrheitsfraktion hatte ja bereits beschlossen, dass unser Antrag abzulehnen sei, was grundsätzlich für alle Anträge die von den Oppositionsparteien kommen so ist. Der Ordnung halber trägt trotzdem jeder Antragsteller, also in diesem Fall ich als Fraktionsvorsitzende der SPD im Gemeinderat, seine Antragsbegründung vor. In normalen Ratssälen ist das die Gelegenheit, die Ratsleute mit Argumenten dafür zu gewinnen, einem Antrag zuzustimmen. In Scheeßels Ratssaal allerdings ist es nur der einzige Moment, in dem die Oppositionsparteien den Bürgern der Gemeinde zeigen können, dass sie auch noch da sind und das sie auch Anträge stellen. Wenn allerdings keine Bürger da sind, die das hören, dann ist es einfach nur eine alberne Scharade. Ich habe mir wirklich sehr lange und gründlich überlegt, wie es wohl gelingen könnte, wenigsten vereinzelte CDUler zu erreichen, so dass sie vielleicht wirklich einmal nach Gewissen und nicht nach Fraktionszwang abstimmen. Aber nein, der Fraktionsvorsitzende von denen ist sogar allen Ernstes ans Rednerpult getreten und hat den gleichen Blödsinn erzählt wie vorher bereits in nicht öffentlicher Sitzung. Jetzt darf ich´s aber hier schreiben, ist ja öffentlich gesagt worden. Da war zum einen der Vergleich mit Stuttgart21: „Da hat man doch gesehen, dass wenn Bürger die Möglichkeit bekommen mit zureden, ja nur die Schreihälse aus ihren Löchern kriechen und diejenigen die dafür sind hört dann keiner mehr!“ Das nannte er als Grund dafür, warum wir auch in Scheeßel vorsichtig sein müssen mit der Transparenz, denn auch hier würden ja immer nur die dazwischen schreien, die gegen etwas sind. Seine weitere Erklärung war, dass ja auch diese Art von Bürgerbeteiligung gar nicht mit der NGO (Niedersächsische Gemeindeordnung) zu vereinbaren wäre. Wir haben ja eine parlamentarische Demokratie und das heißt, dass gewählte Ratsleute entscheiden. Die Bürger nach ihrer Meinung zu fragen wäre aber ja Basisdemokratie und daher in unserem Rathaus überhaupt nicht erlaubt (er hatte auch schon einmal das Wort Verfassungswidrig gebraucht) Daher sei also unser Antrag schon aus rechtlichen Gründen abzulehnen.  Zur Erinnerung, es ging in unserem Antrag darum, die Informationsvorlagen, die vor einer Ausschusssitzung an die Ratsleute gesandt werden, damit die sich auf die Sitzungen vorbereiten können, auf der offiziellen Internetseite der Gemeinde Scheeßel zu veröffentlichen, damit die Bürger im Vorfeld einer öffentlichen Sitzung sehen, was denn überhaupt behandelt werden soll. Sinn und Ziel des Antrages war, dass diejenigen Scheeßeler die an einem bestimmten Thema interessiert sind, den Weg ins Rathaus finden und dadurch wieder Interesse für kommunal-politische Arbeit entwickeln. Diesem Ansinnen hat der Herr CDU Fraktionsvorsitzende ja in dieser öffentlichen Sitzung auch zugestimmt (mit Blick zum Pressetisch). Auch hat er groß verkündet, dass er unbedingt dafür ist, dass Scheeßels Bürger über Entscheidungen die im Rathaus getroffen werden informiert werden, aber eben erst, nachdem sie getroffen wurden.

Im Anschluss an seinen Beitrag, aus dem deutlich hervorging, dass er nicht auf ein einziges Wort von dem was ich gesagt hatte reagierte, sondern einfach nur irgendetwas sagen wollte, von dem er meinte, dass es die Ablehnung irgendwie begründen würde, haben dann noch einige der anderen Oppositionsmitglieder etwas dazu gesagt. Auch mein Fraktionskollege hat dann noch einiges an vernünftigen, sachlich korrekten und logisch nachvollziehbaren Argumenten gesagt. Er hat zum Beispiel darauf hingewiesen, dass doch die Situationen in denen bisher in Scheeßel überhaupt mal Bürgerprotest laut wurde, meist einfach nur fehlende Informationen als Ursache des Ärgers hatten. Ich bin sicher, dass spätestens da einige der CDUler gedacht haben „Ja stimmt, hätten die Leut damals gewusst, um was es überhaupt geht, sie hätten sich nicht so aufgespielt“… Aber egal, ob gute Argumente oder emotionale Reden, nichts bringt einen CDU Ratsherren oder eine CDU Ratsfrau dazu, gegen die Entscheidung von Bürgermeisterin und Fraktionschef zu stimmen. Einzig die Tatsache, dass einige der CDU Ratsleute fehlten bei dieser letzten Ratssitzung des Jahres, lassen die leise Hoffnung zu, dass sie für unseren Antrag stimmen wollten. So etwas passiert  nämlich im Rathaus in Scheeßel, wenn jemand von der Mehrheitsfraktion einen Antrag von Oppositionsseite gut findet, dann bleibt er eben von der entsprechenden Sitzung fern…

Ja, ich schreibe hier von dem Kommunalparlament einer kleinen Gemeinde. Der Art von Parlament, wo Parteipolitik wirklich überflüssig ist. Wo Politik noch an der Wursttheke mit den Politikern besprochen werden kann und wo jedes Mitglied dieses Parlamentes doch viel näher am Bürger sein könnte als in jeder anderen politischen Ebene….

Transparente Kommunalpolitik überfordert die Bürger?

Es könnte doch so einfach sein, in einer rund 13.000 Einwohner zählenden Gemeinde Ratsarbeit im Sinne der Mehrheit aller Bürger zu machen. Das Internet bietet schließlich alle Möglichkeiten, die es braucht, auch die Menschen zu erreichen, die nicht täglich ins Rathaus laufen, um sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen… KÖNNTE! Wenn es denn gewollt wäre alle Bürger ein zu beziehen…

Tatsächlich ist es aber so, dass es in unserer kleinen Gemeinde Scheeßel so gar nicht gewollt ist, die Bürger in Entscheidungsprozesse mit ein zu beziehen. Schlimmer noch… Selbst die Ratsleute, die nicht in der Mehrheitsfraktion sind, werden aus mancher Entscheidung einfach herausgehalten. Da werden Beschlussvorlagen, die Basis auf der die gewählten Volksvertreter Entscheidungen treffen, so spät zugestellt, dass es kaum möglich ist, sich fundiert mit dem anstehenden Thema zu befassen. Nun sind wir ja in so einem Gemeindeparlament alles nur „Hobbypolitiker“ die ehrenamtlich, neben der normalen Arbeit, Politik machen. So kommt es auch, dass meist Rentner und Beamte in den Kommunalparlamenten sitzen, denn wer von morgens 7:00 Uhr bis abends 19:00 Uhr für den normalen Broterwerb unterwegs sein muss, der hat ja gar keine Zeit für Ratsarbeit. Gerade in unserer Gemeinde ist das besonders dadurch ausgeprägt, dass wir hier in erster Linie „Wohnort“ sind. Das heißt, die meisten Arbeitnehmer hier im Ort, pendeln zwischen Hamburg, Bremen oder sogar Hannover und Scheeßel hin und her. Selbst wer also schon um 17:00 Uhr Feierabend hat, muss immer noch wenigstens eine Stunde Fahrt hinter sich bringen um Zuhause anzukommen. Sitzungen in unserem Rathaus fangen aber oft genug bereits um 16:00, 17:00 oder spätestens 19:30 Uhr an. Der pendelnde Arbeitnehmer hat also schon einmal gar keine Zeit, sich an der politischen Entscheidungsfindung in unserer Gemeinde zu beteiligen. Die einzige Chance, hier ein bisschen Informationen zu bekommen, ist die Tageszeitung, die im Anschluss an die öffentlichen Sitzungen berichtet, was beschlossen wurde. Im Internet, dem Medium auf das alle zugreifen können, wenn sie gerade Zeit dafür haben, steht nichts.

Kommunale Entscheider müssen sich um viele grundverschiedene Themen kümmern. Das Spektrum reicht von Kindergärten bis Straßenbau, von Bauvorschriften bis Betreuungszeiten und vor allem dreht es sich immer darum, wie mit den Steuern der Bürger sinnvoll umgegangen wird, so dass auch alle etwas davon haben… So sollte es zumindest sein. Die „großen“ Politiker auf Landes- und Bundesebene haben dafür ja Berater und Mitarbeiter, die Hintergrundinformationen beschaffen und bei wirklich komplizierten Sachverhalten die zur Entscheidungsfindung nötigen Kompetenzen beitragen. In einem kleinen Kommunalparlament sind die Ratsleute darauf angewiesen, diese Fachinformationen selber zu suchen bzw. bei Fachleuten zu erfragen. Es ist also wichtig, die zur Entscheidung anstehenden Themen und Inhalte rechtzeitig zu erfahren, um eben diese Informationen einholen zu können. Wenn also die Vorlagen, aus denen wir überhaupt erst erfahren, welche Themen anstehen, erst auf den letzten Drücker, den Ratsleuten vorliegen, bleibt keine Zeit, sich korrekt vorzubereiten.

Noch schlimmer ist es da, dass Bürger, die eventuell durch diese Entscheidungen betroffen sein könnten, erst dann über bestimmte Sachverhalte informiert werden, wenn dieses Thema in einer öffentlichen Sitzung diskutiert wird. Der Termin für diese öffentlichen Sitzungen erscheint meist kurzfristig in der Tageszeitung und der Bürger kommt dann ins Rathaus, um den Diskussionsverlauf zu verfolgen, kann aber überhaupt nicht mitreden. Es gibt zwar die Möglichkeit Fragen zu stellen, aber dies findet ganz am Anfang der Sitzung statt und zu diesem Zeitpunkt wissen die Menschen, die sich im Rathaus eingefunden haben meist noch gar nicht, was genau denn im Laufe der Sitzung diskutiert werden soll. Egal was also im Rat der Gemeinde Scheeßel entschieden wird, es wird von einigen gewählten Vertretern entschieden. Den meisten Scheeßelern ist da das Wählen schon vor vielen Jahren vergangen. Der immer wieder gehörte Satz:“ Die machen doch eh nur was sie wollen“ trifft hier leider deutlich ins „Schwarze“… Tatsächlich gehen hier nur noch die konservativen Wähler zur Urne, was zur Folge hat, dass aktuell 19 CDU Ratsleute gegenüber einer 12 Mann/Frau „starken“ Opposition sitzen. Diese extremen Mehrheitsverhältnisse werden noch verschärft, durch eine hauptamtliche Bürgermeisterin, die (ebenfalls CDU natürlich) mehr Politikerin ist, als Verwaltungschefin. Was in unserer Verwaltung entschieden wird, ist also oft klar von Parteipolitik geprägt, was in einer Kommune ja so gar nicht vorkommen dürfte. Die Politikverdrossenheit bei uns am Ort wächst also unaufhaltsam weiter.

Um jetzt den Bürgern die Möglichkeit zu geben, an diesen Entscheidungsfindungen im Rat mit zu wirken, haben wir als SPD Fraktion bereits vor mehr als 2 Jahren den Antrag gestellt, einen Bürgerinformationsbereich auf der gemeindeeigenen Internet Präsenz einzurichten, in dem eben diese oben erwähnten Informationsvorlagen öffentlich einsehbar sein sollten. Auch Sitzungsprotokolle und andere Unterlagen, die den Bürger in die Lage versetzen könnten, die Entscheidungsfindung nach zu vollziehen bzw. in Themen die sie betreffen auch eingreifen zu können. Wir sind der Meinung, dass unsere „Auftraggeber“ also die Bürger, doch durchaus in der Lage sind, zu beurteilen, was sie selber wollen. Vor allem, scheint vieles schlicht einfacher zu entscheiden, wenn die Themen relevanten Informationen vorab von Menschen beurteilt werden, die von dem jeweiligen Sachgebiet auch etwas verstehen.  Dieser Antrag ist damals aber solange in die unterschiedlichsten Gremien verwiesen worden, dass bis heute darüber nie entschieden wurde. Deshalb haben wir eben diesen Antrag noch einmal gestellt…

Inzwischen haben einige Bürger unserer hübschen Gemeinde begonnen, eben diese Informationen einzufordern und ein besonders engagierter Mitbürger hat auf seiner Internetseite eine Art Infoservice gestartet, in dem er an jeder öffentlichen Sitzung im Rathaus teilnimmt und alles was da diskutiert wird genau mitschreibt. Dieser engagierte Bürger wurde allerdings von Seiten unserer Verwaltungschefin abgemahnt. Nein, natürlich nicht dafür, dass die CDU oder die Bürgermeisterin in seinen Berichten nicht gerade positiv dargestellt werden, sondern weil er eine Domain nutzt, die unsere Verwaltung plötzlich für sich beansprucht und vor allem weil er (und das ist leider tatsächlich rechtswidrig), Inhalte der offiziellen Scheeßel.de Seite in seine eigene hinein kopiert. Es entsteht also stellenweise der Eindruck, diese Seite sei die offizielle Gemeindeseite und da hat die Gemeinde eben nicht nur das Recht auf ihrer Seite, sondern wir als Ratsleute auch die Pflicht, diesen Rechtsanspruch mit einzufordern. Mir persönlich geht das natürlich ganz gewaltig gegen den Strich… Wenn jetzt aber die Informationen die dieser engagierte Bürger dort zur Verfügung stellt, von vorn herein auf der offiziellen Scheeßel.de Seite stehen würde, hätte er ja gar keine Veranlassung mehr, selber aktiv zu werden. Dies war auch unser Argument, unseren Antrag zu erneuern. Das hat dann wohl auch unsere Bürgermeisterin so gesehen, denn eine Woche nachdem unser Antrag (zum nachlesen bei Mr. Wong) im Rathaus eingegangen ist, entstand eine eigene Beschlussvorlage der Verwaltung. In dieser Vorlage wird angeboten, man könne die Sitzungstermine, Einladungen zur Sitzung und genehmigte Protokolle auf der Seite veröffentlichen. In der mehrere Seiten langen Erklärung steht dann, dass (mit meinen Worten interpretiert) den Bürgern der Gemeinde Scheeßel nicht zugetraut wird, weitere Informationen zu Themen die im Rat entschieden werden, zu verstehen. Auch wird auf die Gefahr hingewiesen, dass es ja ungeahnte Folgen haben kann, wenn Informationen ins WWW gestellt würden, schließlich kann dann ja die ganze Welt lesen, was wir in Scheeßel so beschließen… Es wird dann auch noch darauf hingewiesen, dass ja Google Street View und Wikileaks aktuell zeigen, wie „gefährlich“ es ist, Informationen über das Internet zu veröffentlichen… Ok, als Blogleser werdet ihr jetzt wahrscheinlich an dieser Stelle eine kleine Pause brauchen um die Lachtränen zu trocknen 😉 Wir müssen uns aber tatsächlich, ernsthaft und sachlich mit derartigen „Argumenten“ auseinander setzen…

In der ersten (nichtöffentlichen) Diskussion zu diesen beiden Anträgen, fielen Äußerungen, die ich leider (da nichtöffentliche Sitzung) hier nicht wieder geben darf. Ich für meinen Teil bin aber wirklich entsetzt darüber, wie CDU Kommunalpolitiker (zumindest hier vor Ort) ihren Auftrag als gewählte Ratsherren verstehen. Es bleibt spannend, wie denn dieses Thema in öffentlicher Sitzung besprochen wird, denn dann sitzen hoffentlich die Bürger im Ratssaal, denen diese Informationen vorenthalten werden, aktuell mit der Begründung sie könnten diese Informationen ja sowieso nicht verstehen… Wen´s interessiert, am 16.12.2010 findet diese öffentliche Ratssitzung ab 19:30 Uhr im Rathaus Scheeßel statt.

„Kraft“ Akt 1 gelungen

Schwarz/Gelb wurde in NRW abgewählt. Das ist aber auch das einzige, was klar ist. Nein, etwas ist noch klar, fast die Hälfte aller Wahlberechtigten hat wieder einmal nicht verstanden, dass gar nicht wählen gar nichts nutzt. Jetzt haben wir sie also wieder, die Situation, die alle befürchtet haben Patt.

Warum die SPD trotzdem feiert? Ganz einfach, hätte vor wenigen Monaten jemand gesagt, dass Hannelore Kraft sich tatsächlich mit dem Gedanken auseinander setzen muss, mit wem sie in NRW regieren soll, jeder hätte diesen Jemand ausgelacht. Verglichen mit den Zahlen des 27.09.09 ist die SPD tatsächlich „Auferstanden aus Ruinen“ und so bitter es klingen mag, das schlechteste Ergebnis das je in NRW erzielt wurde, ist schlicht um Längen besser als das, was nach der Bundestagswahl erwartet wurde.

Die Frage bleibt… Hoffen, dass noch irgendwo jemand dieses kleine entscheidende Prozentchen findet, dass Rot/Grün ohne die Linke möglich macht? Eher unwahrscheinlich. Bei der CDU mal freundlich anfragen, ob nicht jemand gerne in die SPD Fraktion wechseln möchte? Na gut weniger als unwahrscheinlich. Oder in den sauren Apfel beißen, der in Hessen so viele vergiftet hat? Im Unterschied zum Ypsilon Problem, hat Hannelore Kraft tatsächlich die Möglichkeit, wenn die Linke das mit macht, vielleicht keine rot-rot-grün Regierung zu bilden, sondern eine, durch die Linke tolerierte, rot/grüne Ministerpräsidentin zu werden. Natürlich gibt es da auch noch die Variante „Große Koalition“ …

Was auch immer dabei herauskommen wird, der „Kraft“ Akt 2 wird auf jeden Fall mindestens genau so spannend wie der erste. Ich hoffe darauf, dass er noch deutlicher gelingt. Eins bleibt sicher, Rüttgers ist abgewählt…

Mal echt was los in Niedersachsen

Spannend, was es doch für Zufälle gibt, im ländlichsten aller alten Bundesländer…

Da macht die SPD auf sich aufmerksam, weil Landesvorsitzender und Fraktionschef ihre Ämter zur Verfügung stellen. Die SPD in Niedersachsen legt einen Neustart hin, in dem sie klar zeigt: „Wir haben verstanden“ Da sind Fehler gemacht worden!…was in der Politik zwangsläufig passiert, denn für viele grundverschiedene Menschen entscheiden, heißt für manche falsch entscheiden. Fehler machen natürlich auch die Anderen. Das die ihre Fehler nicht so eingestehen wie die Sozis, macht es ja nicht richtiger, die öffentliche Wahrnehmung ist halt nur eine andere.

Aber zurück zum Thema. Dieses „Wir haben verstanden“ galt in erster Linie mal den eigenen Genossen, denn die waren ob der dramatischen Wahlschlappen der letzten Jahre schon recht mürrisch. Sie waren aber auch verwöhnt, schließlich kam der letzte sozialdemokratische Kanzler aus Niedersachsen, der Kanzlerkandidat ebenfalls und auch sonst hatten die Genossen hier ein ordentliches Wörtchen in der Bundespolitik mit zu reden. Genau das ist es aber auch, was hierzulande so schmerzte. Bei all den Wahldebakeln der letzten Jahre, hat´s die niedersächsische SPD einfach am härtesten getroffen (vielleicht nur gefühlt?) Sei´s drum, Reboot tut gut. Wenn die Maschine nicht mehr rund läuft und der Fehler nicht so deutlich zu lokalisieren ist, dass man ihn separat beseitigen kann, dann muss das eben ein Neustart tun. Den Anfang machte Garrelt Duin, in dem er ankündigte, nicht wieder als Landesvorsitzender anzutreten. Ich persönlich fand es zwar schade, hatte ich doch bei ihm nicht die Fehlerquelle gesehen, aber ok… Neustart heißt neu starten, da muss dann wer den Anfang machen. Statt aber nun, wie bisher üblich, hinter verschlossenen Türen schnell mal einen neuen Vorsitzenden zu präsentieren, haben die Genossen im Land die Basis Demokratie wieder entdeckt. In 10 Regionalkonferenzen konnten wir uns ein eigenes Bild machen, von den Kandidaten um den Landesvorsitz. Wie sehr die Sozis in Niedersachsen diese Art der Mitbestimmung in Parteifragen vermisst haben, zeigte sich an der enormen Beteiligung. Jede der Konferenzen war weit höher besucht, als erwartet. Ich selber war in Verden dabei und es ging mir wirklich ein Schauer über den Rücken, als mehrere Stuhlreihen zusätzlich nötig waren, um alle angereisten Genossen unterzubringen. Das haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Die drei Kandidaten haben sich vorgestellt und sind offen in die Diskussion eingestiegen. Das beste, meinem Eindruck nach, die drei waren keine Konkurrenten, sondern gaben ein sehr stimmiges Bild ab. Da war Monika Griefahn, die Frau in der Runde, die mit Sicherheit nicht als Quotenfrau angetreten ist, sondern auch inhaltlich in vielen Punkten klare Unterscheidungsmerkmale zu den Mitbewerbern mit gebracht hat.  Stefan Schostok (MdL) der sagt:“ Es braucht eine starke SPD, die zeigt: Politik gestalten wird Freude machen und Erfolg bringen! Das muss sozialdemokratisches Lebensgefühl sein.“ Olaf Lies (MdL) für den eine enge Verzahnung der politischen Ebenen und die Teilhabe bei der politischen Arbeit innerhalb der SPD als wichtige Schlüssel zukünftiger Erfolge gelten. Alle drei erfahrene Politiker, die in ihren Fachthemen sowohl in der Partei als auch in ihrer politischen Arbeit mit Kompetenz überzeugt haben. Jeder eben auf seine Art. Die Abstimmungen der einzelnen Konferenzen haben gezeigt, dass Monika zwar sehr beliebt, aber als Landesvorsitzende nicht gewollt ist. Die Entscheidung zwischen Olaf und Stefan war dafür um so knapper.

Mitten rein in diesen „Vorsitzenden Findungsprozess“ kam dann die Mitteilung von Wolfgang Jüttner, dass er seinen Fraktionsvorsitz abgeben wird. Auch das eine nachvollziehbare Entscheidung, ist schließlich der Fraktionsvorsitz ebenso neu zu besetzen, wenn alles erneuert wird. So wird es also sicherlich sehr von Vorteil sein, dass Olaf Lies und Stefan Schostok sich bei den Sozialdemokraten im Lande, bekannt gemacht haben. Vor allem, dass sie sich bereits als wirklich gutes Team gezeigt haben. Denn inzwischen scheint sicher, dass sich beide zukünftig als Vorsitzende wieder finden, der eine in der Fraktion, der andere in der Partei. Mir gefällt´s und wie ich von einigen Genossen gehört habe, auch den anderen Sozis im Land.

Schön, die SPD hat also eine hohe mediale Präsenz in Niedersachsen und das auch noch vorwiegend positiv!

Was anscheinend den Herrn Wulf, seines Zeichens Ministerpräsident in Niedersachsen, nicht so recht war. Denn während die SPD so in ihrem Umgestaltungsprozess  für positive Schlagzeilen sorgt, fällt dem Herrn Wulf „zufällig“ ein, er könne doch auch mal so ein bisschen Umgestalten. Kurzerhand werden 4 Minister in den vorzeitigen Ruhestand entlassen (kostet das Land ein kleines Vermögen, aber wir ham´s ja, oder Herr Wulf?) und durch frische, weniger „blasse Gesichter“ ersetzt. Wie wenig blass die neuen Gesichter sind, zeigt sich auch schon vor Amtsantritt. Die angehende Sozialministerin erobert Ruck Zuck sämtliche Titelseiten mit ihrer Äußerung zum Thema Kruzifix in Klassenzimmern. Der Herr Ministerpräsident pfeift „Die Kleine“ schnell zurück und die Gazetten grinsen sich eins 😉

Mich amüsiert es wirklich, zu beobachten, wie manche Menschen (besonders in der Politik) Medienpräsenz als Qualitätsmerkmal betrachten, unabhängig vom Inhalt. Meinetwegen kann es aber gerne so weiter gehen, wie aktuell… Die SPD kümmert sich aktiv um schnelle Basis-demokratische Neuaufstellung, um dann zügig wieder politische Inhalte zu bearbeiten und die CDU macht Spektakel dass inzwischen selbst von erzkonservativen Niedersachsen als „dumm Tüch“ (dummes Zeug) bezeichnet wird.

Politcamp 2010 Nachlese

Da waren sie wieder, die zwei Angstgebilde… Auf der einen Seite die Angst vor Kontrollverlust und auf der anderen die Panik vor absoluter Kontrolle. Diese beiden Ängste waren schon im Vorjahr, beim ersten Politcamp, klare Sieger jeder angeregten Diskussion. Doch genau der Abbau dieser Sorgen auf beiden Seiten, dass ist Sinn und Zweck des Politcamps.

Am 20. und 21.03.10 haben sich dafür fast 900 Menschen in Berlin getroffen. Politik trifft Web 2.0, unter diesem Titel kamen politische Vertreter aller Parteien und Menschen, die das Internet als ihren natürlichen Lebensraum sehen, zusammen. Es haben sich dieses Mal sehr viel mehr derer ins Radialsystem V bewegt, die tatsächlich den stattfindenden Kultur- und Kommunikationswandel begreifen wollen. Einige Vertreter der politischen Riege schienen sich allerdings doch noch so zu fühlen, als seien sie in die Höhle des Löwen geraten und wenn ich da an den einen oder anderen Tweet denke, der über den Köpfen der Redner auf der Twitterwall stand, dann waren sie das auch. Zum Glück waren allerdings diejenigen, die für manch wirklich schäbigen Tweet verantwortlich waren, selber gar nicht dabei, sondern haben vom heimischen Schreibtisch aus ihr Gift versprüht, also Leute, die ich persönlich nicht ernst nehmen kann. Die, denen es wirklich wichtig war Missverständnisse zu klären und Ängste abzubauen, die waren vor Ort und haben sich der „Face to Face“ Diskussion gestellt. Nicht nur zwischen Politik und Netzweltlern, besonders auch die Gespräche über Parteigrenzen hinweg haben einige Fenster geöffnet, durch die neue Blickwinkel möglich sind. Für mich persönlich habe ich festgestellt, dass Piraten mehr können, als über andere Parteien schreien und Liberale tatsächlich nie wieder (ok zumindest nicht in dieser Generation) mit Sozialdemokraten koalieren können. Ich bin ja in der politischen Landschaft der 70iger Jahre aufgewachsen und da war die sozial/liberale Arbeit genau das, was ich heute als sozialdemokratische Unternehmerin oft vermisse. Tatsächlich ist die FDP aber wirklich nicht mehr, was sie damals war und der Spruch: „Alte Zeiten heißen alte Zeiten, weil die Zeiten zu alt sind um heute noch zu funktionieren wie es heute nötig ist“ hat sich bestätigt. So hat zum Beispiel beim Thema „Netzneutralität“ der Vertreter der Liberalen einmal zu viel betont, dass wir keine rechtlichen Rahmenbedingungen brauchen, weil doch keine Gefahr besteht, dass irgendwer auf die Idee käme auf Netzanbieterseite seine Manipulationsmöglichkeiten auszunutzen. Warum mir da wohl der Satz: „Niemand hat vor eine Mauer zu errichten!“ durch den Kopf ging… „Der Markt wird´s schon richten!“ hat meiner Meinung nach ausgedient, seit der Markt, so wie die Liberalen ihn meinen, nicht mehr richtig funktioniert.

Das Politcamp kann nur einen Rahmen bieten, um jedem die Chance zu geben, *ein paar Schritte in den Schuhen eines anderen zu laufen*, wie diese Chance dann genutzt wird, dass hängt ja von jedem selber ab.

Vermisst habe ich ein „Evaluationspanel“ als Startsession. Ich hätte mir gewünscht, dass zur Einleitung in das 2010er Camp darüber gesprochen wird, was sich seit dem Politcamp 09 so alles getan hat, ob all unsere Sessions und Diskussionen letztes Jahr irgendetwas bewegt haben. Tatsächlich entstand auch bei mir der Eindruck, den Nico Lumma und Cem Basman in ihren Politcamp Nachlesen wieder gegeben haben. So ein Camp ist ja eine tolle Sache, Leute die man virtuell schon ganz gut zu kennen glaubt, auch mal in der realen Welt zu treffen. Diskussionen „Face to Face“ zu führen hilft ja doch Ansichten begreifbar zu machen. Aber um tatsächlich konkrete Ergebnisse zu erzielen und ins echte Handeln zu kommen, dazu ist dieses Format vielleicht wirklich nicht das Richtige.

Nun gehöre ich ja nicht zu den Menschen die ständig „Zeit ist Geld“ beten und bei allem was sie tun darauf schauen, dass sie für jede investierte Minute auch sofort ein konkretes Ergebnis bzw. einen persönlichen Nutzen bekommen, aber für „einfach nur so“ bin ich natürlich auch nicht nach Berlin gefahren. Wenn also aus dem, was in den beiden bisherigen Politcamps angefangen wurde, über´s Jahr wirkliche „Workshops“ entstehen, überall im Lande, wenn Ideen und Anregungen die wir beim Politcamp ausgetauscht haben umgesetzt werden und diese Umsetzung dann auch z. B. auf der Politcamp Seite dokumentiert wird, dann wird das Pflänzchen  sicherlich deutlicher wachsen, als aktuell empfunden. Tatsächlich ist mir nämlich nur eine Entwicklung aufgefallen, die mir nicht wirklich gut gefällt. Ich kam mir in einigen Sessions vor, wie auf Kaffeefahrt mit Heizdeckenverkauf… Haben wir letztes Jahr noch wild diskutiert und für Lösungen gestritten, war dieses Mal vor lauter PowerPoint Folienschlacht kein Raum für echte Argumente-schlachten. Nun kann es natürlich sein, dass ich mich einfach in die falschen Sessions gesetzt habe, denn leider waren die Themen die mich wirklich interessiert haben alle gleichzeitig dran. Das lässt sich wahrscheinlich auch nicht anders lösen, schließlich muss ja auch alles in den zeitlichen Rahmen passen. Die Anregung, neben dem Lifestream in der Halle, auch die Sessions in den anderen Räumen aufzuzeichnen, halte ich da für eine gute Möglichkeit, wenigstens im Nachgang das Verpasste nachzuvollziehen. Nur halb so viele Sessions wie dieses Mal, sind sicher auch sinnvoller, denn beim Hetzten von Raum zu Raum, fehlte oft die Zeit für das, was ein Barcamp für mich ausmacht, die Gespräche.

Auf die Frage zum Abschied: „und wie hat´s dir gefallen?“ konnte ich nicht wirklich begeistert antworten. Natürlich war´s toll, ein Wochenende mit den Menschen zu verbringen, mit denen ich mich letztes Jahr angefreundet hatte und die ich seit dem nur virtuell getroffen habe. Was mich aber hat zögern lassen, das weiß ich erst jetzt, mit ein paar Tagen Abstand.

Erwartungen….viel zu viele Erwartungen… ein ständiges „ihr müsst“ „ihr sollt“ „macht endlich“ usw. Auch meine eigene Erwartungshaltung war offensichtlich viel zu hoch. Wenn Ministerin Schröder kritisiert, dass es ja in der „Zensursula Debatte“ miese Unterstellungen gegeben hätte, dabei freundlich lächelnd zu gibt: „auf beiden Seiten„… Wenn Volker Beck beklagt, dass es ein großer Fehler war, einen Zettel oben drauf zu kleben „Ist gut gegen Kinderpornographie“ und dann das Denken einzustellen… Der FDP MdB laiert: „Wir waren ja von vorn herein dagegen“ und gleichzeitig keine Chance sieht, den Vorschlag von Lars Klingbeil (SPD MdB) „Dann stimmen sie doch mit uns gemeinsam dafür dieses blödsinnige Gesetz zu kippen“ umzusetzen… an der Twitterwall dann auch noch die wirklich blöden Kommentare einiger Twitterer, in denen die SPD als Lügner und Verräter bezeichnet wird, weil sie ja letztes Jahr dem Gesetz mit zugestimmt haben und scheinbar keiner dieser Helden der 140 Zeichenfront sich vorstellen kann, dass der „SPD Mann“ der da gerade auf dem Podium sitzt, auch letztes Jahr gegen das Gesetz war, aber eben erst jetzt Bundestagsabgeordneter ist und also auch erst jetzt gehört wird… wenn all dies gesagt und geschrieben wird, aber weder die wahren Absichten der CDU angesprochen werden (war doch dieses ganze Gesetz in allererster Linie Wahlkampftaktik, um die mit positiver Resonanz in den Online Wahlkampf gestartete SPD im Netz zu demontieren) noch konkrete Aussagen darüber kamen, wie es denn nun mit diesem blödsinnigen Gesetz weiter gehen wird, dann hinterlässt das bei mir eben ein gewisses Unwohlsein. Aber wie schon erwähnt, ist meine Erwartungshaltung da einfach zu hoch. Wie Max Weber ja bereits 1919 feststellte “ Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“ braucht es also auch heute noch ein Maß an Geduld, dass uns „Echtzeit Webbern“ anscheinend nicht gegeben ist. Die Leidenschaft, Politik zu machen, ist bei einigen die „Oben“ angekommen sind auch schon recht abgenutzt und denen die frisch genug „im politischen Geschäft“ sind um leidenschaftlich zu sein, denen fehlt vielleicht einfach noch das Augenmaß… Um all dieses zusammen zu bringen, so dass im Ergebnis tatsächlich gute Politik dabei herauskommt, dazu ist das Politcamp auf jeden Fall eine gute Ausgangsplattform. Das dieses Ziel aber dann auch erreicht wird, dafür braucht es mehr als ein Wochenende im Jahr. Ich freue mich also darauf, zu erleben, wie wir alle hier im Netz und in vielen kleinen Veranstaltungen in den Regionen, daran arbeiten, beim pc11 tatsächlich konkrete Ergebnisse präsentieren zu können.

Noch ein paar Randnotizen:

  • Das Essen war ja nun wirklich nicht „Tagungstauglich“ daher sollten alle Teilnehmer, die sich ebenso daran gestört haben wie ich, über´s Jahr Augen und Ohren offen halten, ob es nicht Sponsoren gibt, die für eine bessere Verpflegung sorgen könnten. Falls die nicht zu finden sind, bin ich durchaus auch dazu bereit einen Obolus für gutes Essen zu zahlen. Diejenigen die lieber zur „goldenen Möwe“ ausgewichen sind, mussten das ja eh und freuen sich vielleicht wenn sie dann eben nicht auch noch dafür laufen müssen.
  • Das ewige Jammern wg. dem mageren Wlan nervt. Diejenigen die wirklich auf ihren Online Zugang angewiesen sind bei solchen Veranstaltungen, haben den selber sicher gestellt, daher unterstelle ich, dass alle anderen sich nur wichtig machen wollen. Das stresst allerdings die Veranstalter und kostet außerdem auch noch ein Heidengeld, also lasst doch zukünftig eure Profilneurosen zu Hause und bringt statt dessen einen UMTS Stick mit.
  • Der Vorschlag von MdEP Matthias Groote das nächste Politcamp in Brüssel stattfinden zu lassen, ist klasse. Ich würde mir aber wünschen, lieber als Ergänzung zum Berliner PC eine zweite, eben europäische Variante zu starten. Mir schien es so schon reichlich überladen, aber die wirklich wichtigen Entscheidungen rund ums Internet, werden ja in Brüssel getroffen, also brauchen wir ja mindestens eine Woche, um dann alles in einem Barcamp unter zu bringen 😉
  • Da weder Netzweltler noch Politiker Einfluss auf das Wetter haben (zum Glück), ist es vielleicht sinnvoll, das nächste Politcamp wieder im Mai zu planen. Nicht nur weil dann das Sonnen Deck wieder mit genutzt werden kann und ich dann nicht zum Rauchen auf interessante Beiträge verzichten muss ;o} sondern auch, weil ich dann mit dem Motorrad nach Berlin fahren kann {o;

…und dann war da noch:

D*A*N*K*E*S*C*H*Ö*N* an das Orgateam für die super (im Rahmen des Möglichen und manches Mal auch darüber hinaus) Organisation und natürlich an Valentin für eine Idee, die wenn alle daran mitarbeiten, wirklich etwas verändern hilft.

Wenn die Kommune Pleite geht…

Lese ich doch ständig in allen Medien etwas darüber, wie sich die Menschen ärgern, dass in Berlin schlechte Politik gemacht wird. Manchmal wird sich auch darüber beklagt, dass in den Landesparlamenten anscheinend nur weltfremde Entscheider an der Macht sind und überhaupt, dass ja Politiker wirklich doof sind. Was aber in den Kommunen, also Kreis- Stadt- und Gemeinderäten passiert, dass wird höchstens mal erwähnt, wenn, wie aktuell, überall die Haushalte beschlossen werden. Nein, nicht dass da dann alle Bürger dieser Kommunen darüber diskutieren, wie denn nun mit ihrem Geld umgegangen werden soll. Nur diejenigen, die von Streichungen, Kürzungen oder Gebühren- bzw. Steuererhöhungen betroffen sind, regen sich auf und schimpfen auf die Ratsleute, die diese Entscheidungen treffen müssen.

Ich habe jetzt 3 Monate intensive Haushaltsdebatten in unserer kleinen Gemeinde hinter mir und das war wirklich kein Spaziergang.  Dieses Jahr habe ich das Gefühl, mir jeden Cent Sitzungsgeld wirklich noch mehr verdient zu haben als sonst. Warum das so war, will ich hier einmal beschreiben. Vielleicht erreiche ich damit nur diejenigen, die sowieso wissen, wie es in diesen Regionalparlamenten abläuft, vielleicht aber ja auch einige, denen bisher gar nicht bewusst war, wo über welche Themen entschieden wird und wie wichtig es ist Kommunalwahlen ernst zu nehmen und sich an der Politik vor der eigenen Haustür zu beteiligen.

Im Dezember letzten Jahres hat unsere Verwaltung uns den Haushaltsplan Entwurf für 2010 vorgelegt. Zum allgemeinen Entsetzen wies dieser Entwurf ein Haushaltsloch in Höhe von 1,6 Mio € auf und die Kommunalaufsicht (übergeordnetes Kontrollorgan auf Kreisebene, das die Haushalte der Gemeinden absegnen muss) hat schon angekündigt, dass wir ein Haushaltssicherungskonzept erarbeiten müssen, das bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt aufweist. Das bedeutet also, jeden einzelnen Haushaltsposten dahingehend zu prüfen, ob er wirklich nötig ist und ob da Einsparungen möglich sind. Da der allergrößte Teil des zur Verfügung stehenden Geldes für Pflichtausgaben verwendet wird, bleibt an Einsparmöglichkeiten nur der Bereich „Freiwillige Ausgaben“. Diese freiwilligen Ausgaben sind aber genau die Ausgaben, durch die eine Gemeinde das Maas an Lebensqualität bietet, das neue Einwohner und damit neue „Steuerzahler“ für sich gewinnt. Auch fallen hier die Ausgaben darunter, die viele Bürger als verpflichtend betrachten, wie zum Beispiel die Kosten der Feuerwehr. So mussten wir die Neuanschaffung eines Feuerwehrautos aus dem Haushalt streichen, das mit 230.000€ einen sehr großen Posten darstellt und von der Kommunalaufsicht mit „zu prüfen“ gekennzeichnet wurde. Damit hatten wir also schon einmal die gesamten Feuerwehrleute unserer Gemeinde verärgert und das war nur der Anfang. Als nächstes ging es um unsere Schulen. Da ich selber Schulausschussvorsitzende bin, graute es mir vor dieser Sitzung am allermeisten. Als Sozialdemokratin stehen für mich die Themen Schule und Kinderbetreuung selbstverständlich ganz oben auf der Agenda und wir sind natürlich mit der Ansage in die Haushaltsverhandlungen gestartet: „Schulen und KiTas bleiben für die Sparmaßnahmen tabu!“ Es galt also in dieser Schulausschusssitzung einen Mensabau für die Grundschule zu retten, ebenso stand unsere hart erkämpfte Sozialpädagogin als „zu prüfen“ in dem Sparpapier, durch das wir uns zu quälen hatten. Beides ist tatsächlich nicht dem hässlichen „Streichkonzert“ zum Opfer gefallen, wir mussten aber einen Turnhallen Fußboden verschieben und einige kleinere Posten dafür streichen. Hier ging´s also noch einigermaßen glimpflich ab, dachten wir, es kam aber noch knüppeldicke. Es mussten 10% an Personalkosten eingespart werden, ein Punkt gegen den sich die SPD Fraktion gewehrt hat, da diese Einsparung auch für unser Kindergarten Personal gelten sollte und wir das schlimmste befürchtet haben (was auch tatsächlich eintraf) nämlich die Schließung eines unserer Kindergärten. Die alles überschattende Kommunalaufsicht, hat uns die Tatsache, dass wir in unserer Gemeinde eine hervorragende Infrastruktur im Kinderbetreuungsbereich haben, um die Ohren gehauen. Wir sollten also prüfen, wie wirtschaftlich unsere KiTas sind und entsprechend handeln. Auch wurden die Planungs- und Baukosten einer neuen Krippe, die dringend nötig ist, gestrichen. Unsere Vereine wurden ebenso in die Streichliste aufgenommen, wie unsere Ortschaften (wir sind eine Gemeinde mit 11 Orten), die Dorfgemeinschaftshäuser, Dorferneuerungsmaßnahmen und Straßenbauvorhaben die seit Jahren geplant waren und besonders nach diesem Winter, gar nicht mehr verschiebbar sind. Doch all diese „Opfer“ haben nicht ausgereicht, um dieses Riesen Haushaltsloch zu schließen. Daher wurde dann die Einnahmeseite durchleuchtet. Autsch… Gebühren für die Bücherei, das ging noch in Ordnung, nachdem uns die Mitarbeiterinnen unserer Gemeindebücherei bestätigt haben, dass die Leser damit einverstanden sind. Die Steuern zu erhöhen, da war es dann vorbei mit dem „in Ordnung gehen“. Auch hier hatte uns die Kommunalaufsicht Vorgaben gemacht, die wir zu erfüllen hatten, da sonst unser Haushalt trotz aller „Opfergaben“ abgelehnt würde. Da geht´s jetzt also richtig ins Eingemachte, denn Grund- und Gewerbesteuern erhöhen, tut richtig weh und hier gilt auch nicht mehr, was mein Sohn mal meinte, als er Politiker beschreiben wollte: „Politiker sind die, die Steuer erfinden, die sie selber nicht zahlen müssen“. Landwirte, Gewerbetreibende und vor allem Grundstücksbesitzer, haben wir in unserem Gemeinderat einige sitzen. Doch nicht nur mit der Steuererhöhung haben wir unseren eigenen Geldbeutel belastet, um Solidarität mit denen zu demonstrieren, die von unseren Entscheidungen betroffen waren, haben wir auch beschlossen, auf 10% unserer Sitzungsgelder zu verzichten. Tja, das wurde nur irgendwie überhört, denn in den regionalen Medien taucht dieser Punkt gar nicht auf 😉

Was hat uns aber nun überhaupt in diese Situation gebracht? Waren wir doch in den letzten Jahren immer die Gemeinde mit der kleinsten Pro-Kopf-Verschuldung im gesamten Kreisgebiet. Nun, da ist natürlich zum einen die Wirtschaftskrise, die auch vor unserer kleinen, ländlichen Gemeinde nicht halt macht. Die Steuereinnahmen sind mit dem „zu versteuernden Einkommen“ unserer Einwohner gesunken. Einige Entscheidungen die in Berlin und in Hannover getroffen wurden, haben einen erheblichen Anteil an Mindereinnahmen und Mehrausgaben in der Gemeindekasse und, als würde es nicht genügen, dass Bund und Land die Kommunen finanziell ausbluten lassen, hat auch der Kreis Zuschüsse gestrichen und die Abgaben erhöht. All diese Faktoren haben dazu geführt, dass eine Gemeinde, die kaum Schulden hatte plötzlich dasteht, als sei sie pleite. Ich kann es mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass wir hier in unserer Gemeinde ein Mehrheitsverhältnis von 19 CDU, 4 SPD, 3 Grüne, 1 FDP und 2Unabhängige Ratsleuten haben. Auf Kreisebene verhält es sich ähnlich, das Land Niedersachsen hat derzeit die gleiche Regierungskoalition wie unsere Republik, also CDU/FDP. Doch bei wem beschweren sich die Bürger über all die Streichungen, Kürzungen, Abgaben Erhöhungen? Natürlich bei uns, den SPD Ratsleuten. Da frage ich mich doch, wer hat denn diese Mehrheitsverhältnisse so gewählt?

Wie oben bereits erwähnt, vielleicht lesen das jetzt wieder nur diejenigen, die sich sowieso mit Politik befassen bzw. deren Blickwinkel über das „Bildzeitungsleser Niveau“ hinaus reicht. Vielleicht lesen dies aber auch diejenigen, die einer Bild Überschrift schon lange nicht mehr glauben und denen die Entscheidungen die in der Politik getroffen werden so gründlich gegen den Strich gehen, dass sie endlich selber etwas tun wollen. Wenn das so ist, dann fragt doch einfach mal in eurem Ort, eurer Stadt oder Gemeinde, nach, wer denn der richtige Ansprechpartner für euch ist. Überlegt vorher, welche politische Richtung euch am ehesten zusagt (keine Träumereien, die ideale Partei gibt es nur, wenn ihr sie dazu macht!) Hier in Scheeßel ist es so, dass wir auch Kandidaten für die Kommunalwahl (die nächste hier ist 2011) in unsere Liste aufnehmen, die nicht sofort in die SPD eintreten wollen. Es muss aber natürlich schon eine klare Positionierung zur Sozialdemokratie vorhanden sein 😉

Der Fisch stinkt zwar am Kopf zuerst, vom Schwanz aus lässt er sich aber nun einmal am besten filetieren.

Alles neu, oder?

Ach ja, wir haben uns neu aufgestellt. Der Parteivorsitzende ist gewählt (oder doch irgendwie bestimmt?) Sigmar wird´s wohl richten. Na gut ich traue ihm das sogar zu. Die streitbare Andrea als General ist wahrscheinlich auch gar nicht so übel besetzt, was ist es also, dass uns trotzdem unter die 20% Marke rutschen lässt? Warum habe auch ich das Gefühl, das war es aber noch lange nicht? Diese ewig mitschwingende Unzufriedenheit mit dem was passiert muss ja einen Grund haben, oder vielleicht doch viele Gründe?

Allerorten wird von den Gliederungen zur Diskussion gerufen. Überall haben Sozis die Möglichkeit ihre Meinung zu sagen bzw. zu schreiben. Tatsächlich aber höre und lese ich nichts, höchstens mal den einen oder anderen der meint, man solle jetzt handeln und nicht mehr diskutieren. Nur was sollen das denn für Handlungen sein? Wenn doch keiner bereit ist darüber zu reden, was denn jetzt gemacht werden muss, dann bleibt doch alles wie es war. Eben unter anderer Führung, ob das aber schon alles ist?

Liegt die Lösung wirklich links?

Gestern war der Tag der deutschen Einheit. 20 Jahre…Bis vor 20 Jahren waren wir Sozialdemokraten die, die sich am weitesten links bewegt haben. Bis vor 20 Jahren war der Schritt zum Sozialismus, zum Kommunismus und zur sozialistischen Gleichmacherei und Planwirtschaft durch eine Mauer mit Todesstreifen und Nachrichtensperren von uns getrennt. Mit dem Fall der Mauer ist auch die Grenze in den Köpfen gefallen, die Sozialismus und Kommunismus verdammt haben. In ganz Europa ist inzwischen immer wieder zu hören und in Wahlergebnissen zu sehen, dass der Zusammenbruch des Kommunismus bei den Menschen ein Umdenken ausgelöst hat. Der Kapitalismus hat überlebt und auch die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit scheint daran nicht wirklich etwas zu ändern. Auf der Strecke bleiben dabei die, die immer daran geglaubt haben, dass Sozialismus funktioniert.
Das heute links neben der SPD eine Partei angesiedelt und inzwischen wohl auch weitgehend etabliert ist, liegt nicht daran, dass die SPD nicht weit genug links ist, sondern daran, dass mit dem Zusammenbruch von Kommunismus und DDR eine große Masse Menschen in unser System gekommen ist, für die Sozialismus eine Selbstverständlichkeit war. Menschen die in unserem System nicht klar kommen und die gar nicht verstehen wollen, warum wir das verteufeln was für sie doch 40 Jahre lang weit gehen gut war.
Mir scheint, unsere SPD Führungsriege muss endlich anfangen auch die anderen Blickwinkel einzunehmen, denn nur was man versteht kann man beantworten. Die wahlberechtigten Bürger dieser Republik sind eben seit 20 Jahren auch ehemalige DDR Bürger und für die ist soziale Demokratie eben nicht sozial genug.
Ich selber will nicht mit der Linkspartei konkurrieren müssen. Ich wünsche mir, dass wir uns als Sozialdemokraten das Vertrauen derer zurück gewinnen, die gar nicht mehr wählen gehen, weil sie sich durch gar keine Partei mehr vertreten sehen und das sind keine Linken.

Dieser Beitrag ist aus meinem Kommentar zu Nico Lumas Blog „Der überflüssige Tabubruch“ entstanden