Archiv für den Monat: Januar 2014

#Scheeßel Wenn Sachlichkeit im Wahlkampf ertrinkt

Der Gemeindehaushalt steht an und das ist üblicher Weise die Zeit, in der sich die Kommunalpolitiker besonders intensiv mit ihrer eigenen Politik auseinander setzen. War diese oder jene Entscheidung wirklich richtig? Ist für die Zukunftspläne die wir letztes Jahr geschmiedet haben dieses Jahr überhaupt genug Geld da? Auch die Presse-Präsenz ist deutlich höher, weil ja jeder sich mit seiner Politik hervortun möchte.  Dieses Jahr kommt dazu, dass Bürgermeisterwahlen anstehen und wie da dann über Haushaltsentscheidungen diskutiert wird, besonders in der Presse…

da geht dann manches am Sachlichkeit verloren. Umso angenehmer fand ich es daher, als ich beim Besuch der Webseite meines fraktionslosen Ratskollegen, eine rein sachliche Argumentation incl. nachvollziehbarer Erläuterungen zu den verschiedenen Diskussionspunkten lesen durfte. Mit seinem Einverständnis habe ich diesen Artikel hierher kopiert, dass Original findet ihr hier Danke an Ernst Friesecke

Vorschau auf den Haushalt 2014

 Die Haushaltsplanung wird in diesem Jahr im Januar in den Fachausschüssen diskutiert und soll am 27.2.2014 im Rat beschlossen werden.

Die Bürgermeisterin hat den Haushaltsentwurf schon im Dezember 2013 in der Presse vorgestellt und kommentiert. Wie nicht anders zu erwarten, lobt sie den Haushaltsplan sehr. Ihren Beitrag finden Sie in der Rundschau v. 25.12.2013 . 

SPD, Grüne und Gruppe 57 sehen das allerdings ganz anders .

Zunächst bleibt festzustellen, dass die Eröffnungsbilanz 2010 inzwischen fertig ist. Sie wurde am 28.11.2013 in einer Ratssitzung vorgestellt. Die Erarbeitung der Jahresabschlüsse 2010 bis 2013 wird laut Bürgermeisterin Dittmer-Scheele ein weiteres Jahr in Anspruch nehmen.

Die Gemeinde Scheessel ist praktisch schuldenfrei. Im Haushaltsplan 2014 ist ein Kreditbedarf von 0,6 Mio. EUR vorgesehen. Bei geplanten Investitionen von 3,7 Mio. EUR ist dies nicht verwunderlich. Am Jahresende wird der Kreditbedarf bei dieser Planung dennoch nicht erforderlich sein, denn zum einen ist in den Planungsansätzen der Verwaltung erfahrungsgem. eine Menge Luft. Zum anderen wird die Verwaltung nicht in der Lage sein, die geplanten Investitionen in diesem Umfang auch durchzuführen. In den vergangenen Jahren blieben die Investitionen auch dann bei 2 Mio. EUR, wenn deutlich mehr geplant war.

Die Planung der Verwaltung beruht einzig auf Finanzdaten. Zu erwartende Einnahmen werden zu wünschenswerten Ausgaben gemacht. Dabei ist die Realisierbarkeit in Verbindung mit verfügbarer Personalkapazität nicht geprüft. Denn jede Investition erfordert eine Vorbereitung und Begleitung durch die Verwaltung. Dazu kommen bei größeren Bauvorhaben in aller Regel Verzögerungen durch unvorhergesehene Schwierigkeiten. So ist beispielsweise heute schon bekannt, dass sich die Sanierung des Vahlder Wegs um mehrere Monate verzögern wird. Das Ergebnis wird nach dieser Planung auch deswegen wieder positiv sein, weil eine ganze Reihe von Maßnahmen im Haushaltsplan nicht enthalten ist. So haben wir ein Untersuchungsergebnis des Bauhofs vorliegen, demzufolge hier investiert werden muss. Außerdem liegt uns seit über einem Jahr ein Untersuchungsbericht der Feuerunfallkasse vor, der Investitionen von mehr als 3 Mio. EUR in den nächsten Jahren erfordert. In der Planung ist beides nicht enthalten.

Zusätzlich einzuplanen sind Mehrkosten, die bei den meisten Vorhaben entstehen. In wenigen Fällen war dies in der Vergangenheit auf unvorhergesehene Schwierigkeiten zurückzuführen. Meist lag eine mangelhafte Planung der Gemeinde vor.

Wer nun meint, dass dann das Ergebnis entsprechend negativer und der Kreditbedarf größer wird, der irrt. Wie oben schon ausgeführt, ist die Gemeinde gar nicht in der Lage, wesentlich mehr als 2 Mio. EUR an Investitionen zu realisieren. Zwar hat sich die Situation marginal entspannt, da ein weiterer Tiefbau-Ingenieur eingestellt wurde, aber ausreichend ist dies keinesfalls. 

Wesentlicher Grund ist meines Erachtens dafür, dass sich die Gemeinde weder um den Erhalt der Substanz noch um die Aufgaben der Zukunft ernsthaft und qualifiziert Gedanken macht und grundsätzlich ohne jedes Konzept arbeitet. Denn weder die Mängel im Bauhof (keine ausreichenden Sanitäranlagen, keinerlei DV-Ausstattung) noch die Mängel bei den Feuerwehrhäusern wären vorhanden, hätte sich die Verwaltung um einen kontinuierlichen Erhalt sowie die Zukunftssicherheit die erforderlichen Gedanken gemacht.

Da sich am tatsächlichen Investitionsvolumen von rund 2 Mio. EUR (maximal 3 Mio. EUR) nichts ändern wird, werden andere, in der Planung enthaltene Projekte gestreckt oder einfach nicht realisiert. Dies zeigt die Vergangenheit überdeutlich.

Bei der jetzigen Planung liegt es dann im Ermessen der Bürgermeisterin, welche Vorhaben sie ausführt und welche nicht. Zwar gibt es bei begonnenen Vorhaben Sachzwänge, bei nicht angefangenen aber selten.

Und so kommt es, dass wir in Scheessel im Wesentlichen die Zielsetzungen der Bürgermeisterin, keineswegs aber die sachlichen Erfordernisse realisieren. Bis dann ein Untersuchungsbericht uns die Mängel schmerzhaft unter die Nase reibt: Ihr habt den Bauhof  vernachlässigt, ihr habt die Feuerwehrhäuser aus den Augen verloren, und mit einer Verwaltungssteuerung, wie sie per Gesetz seit 2010 gefordert wird, habt ihr noch gar nicht angefangen (s. Bericht des Landesrechnungshofes).

Fazit: der Haushaltsplan kann getrost als Märchenbuch bezeichnet werden.

Wie kann es nun sein, dass der Haushalt von Bürgermeisterin und CDU ganz anders bewertet wird als von SPD, Grüne und Gruppe57?

Die Meinung unserer Bürgermeisterin ist nicht objektiv. Sie betrachtet den Haushalt als „ihr Werk“.

Die CDU weist darauf hin, dass Scheessel praktisch schuldenfrei sei und schlussfolgert, dass die Verwaltung daher gut wirtschafte. 

SPD, Grüne und Gruppe57 widersprechen und weisen auf einen Investitionsstau hin. Die Gemeinde habe Schulden bei ihren Bürgern. 

Die Schlussfolgerung der CDU ist durchaus nachvollziehbar. Betrachtet man ein kleines Unternehmen, so gilt dieser Zusammenhang schon. Eine Firma, die ihre Produkte oder Dienstleistungen verkauft, ihre Mitarbeiter anständig bezahlt, Steuern zahlt und schuldenfrei ist, kann sich mit Fug und Recht erfolgreich nennen.

Warum sollte es bei einer Gemeinde anders sein?

Anders als ein Unternehmen muss eine Gemeinde ihre Einnahmen nicht selbst erarbeiten. Die Einnahmen aus Steuern sowie die Zuweisungen von übergeordneten Stellen kommen automatisch. Auf die Höhe hat die Gemeinde nur wenig Einfluss.

Im Gegenzuge muss die Gemeinde Leistungen erbringen. Hier unterscheidet man zwei Bereiche:

Zum einen muss sie Aufgaben des Bundes, der Länder und des Kreises erfüllen, quasi in Amtshilfe.

So ist das Ausstellen eines Personalausweises eine Sache des Bundes. Die Arbeit muss aber vor Ort erledigt werden. Also bekommt der Bürger bei seiner Gemeinde gegen eine Gebühr seinen Personalausweis. Andere Aufgaben der Gemeinde können nicht durch Gebühren finanziert werden. Daher erhält die Gemeinde Zuweisungen. Man sagt, dies seien Aufgaben im „übertragenen Wirkungskreis“, also von anderen übertragene Aufgaben.

Daneben hat die Gemeinde Aufgaben im eigenen Wirkungskreis.

Es steht der Gemeinde frei, ob sie ein Schwimmbad unterhält und wie sie das finanziert. Die Gemeinde kann frei entscheiden, ob sie einen Platz pflastert und reinigt oder dort Rasen ansät und den mäht. Die Gemeinde entscheidet frei, in welchem Umfang sie Sport und Kultur oder soziale Projekte fördert. Sie entscheidet auch frei, wie sie ihre Gebäude in Stand hält, ob sie das Rathaus jedes Jahr oder alle zehn Jahre neu streicht.

So ganz frei ist die Gemeinde allerdings nicht. Es gibt Rahmenbedingungen. Beispielsweise muss eine Gemeinde auf ihren Straßen eine Verkehrssicherheit gewährleisten. So ist vorgeschrieben, wie viele Krippenplätze von einer Gemeinde bereit gestellt werden müssen.

Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass eine Gemeinde im eigenen Wirkungskreis einen erheblichen Spielraum hat.

Die Einnahmen kommen automatisch, die Ausgaben hängen mit der Durchführung der Aufgaben zusammen. Jede Aufgabenerfüllung kostet in irgend einer Weise Geld. Wenn eine Kommune also keine Schulden hat, kann es dafür zwei Gründe geben:

Entweder die Gemeinde erfüllt ihre Aufgaben und arbeitet dabei effizient

oder

eine Gemeinde vernachlässigt ihre Aufgaben, was Kosten spart.

Die CDU behauptet ersteres, die anderen Parteien meinen letzteres.

Und wer hat Recht?

Die CDU hat für ihre Aussage keine Belege erbracht. Aus meiner Sicht gibt es die auch nicht.

Die anderen Parteien weisen auf einen Investitionsstau hin und führen als Beispiele Straßen, Feuerwehrhäuser, Bauhof und mehr an.

Was bedeuten diese Hinweise?

Viele Straßen weisen Mängel auf. Für die Beseitigung hat der Bauhof der Gemeinde eine Prioritätenliste, die die Reihenfolge der Bearbeitung bestimmt.

Die Verwaltung war trotz wiederholter Nachfrage nicht in der Lage, mitzuteilen, welche der geplanten Maßnahmen denn auch erledigt wurden.

Die Feuerwehrunfallkasse hat bei einer Besichtigung so erhebliche Mängel festgestellt, dass gleich zwei Feuerwehrhäuser neu gebaut werden müssen.

Dies ist schon ein eindeutiger Beleg dafür, dass in den vergangenen Jahren hier unzulässig gespart wurde.

Der Landesrechnungshof hatte 2011 festgestellt, dass die Effizienz des Bauhofes außerordentlich schlecht ist. Eine anschließende Untersuchung einer Unternehmensberatung forderte erhebliche Mängel zu Tage. So waren sanitäre Anlagen unzureichend, so hat der Bauhof keinerlei DV-Ausstattung. Auch dies ist ein klarer Beweis, dass in den vergangenen Jahren unzumutbar gespart wurde.

Die Vorwürfe der Mehrheitsfraktionen sind also nicht von der Hand zu weisen.

Insgesamt lässt sich aber sagen, dass eine Gemeinde eine bestimmte Summe Geld zur Verfügung hat und dieses möglichst gut anlegen sollte.

 

Eine Gemeinde hat grundsätzlich folgende Möglichkeiten, ihre Aufgaben zu erledigen: 

a)    Alle Anforderungen erfüllen und — soweit erforderlich — Schulden machen.

b)    „Keine Schulden machen“ als Zielsetzung ausgeben und nicht mehr machen, als man bezahlen kann.

c)     Gut wirtschaften, effizient arbeiten, möglichst viel realisieren und möglichst wenig Schulden machen.

Bis 1999 hat die Gemeinde nach Prinzip a) gearbeitet. Dann wurden die Gemeindewerke verkauft. Damit war Scheessel schuldenfrei, aber auch ärmer. 

Seit 2000 ist die jetzige Bürgermeisterin, Frau Dittmer-Scheele, für die Gemeinde verantwortlich tätig. Sie führt die Verwaltung nach Prinzip b), das sie inzwischen geradezu ausgefeilt hat. So gibt es Projekte, an denen sie persönlich stark interessiert ist. Bei denen spielt Geld keine Rolle (z.B. Krippen in der BeekeSchule, Umgestaltung Kernort). Dafür werden immer mehr erforderliche Maßnahmen nicht oder stark verzögert ausgeführt. Selbst gesetzliche Auflagen werden von ihr missachtet.

Auch bei der Bundesregierung wuchs allmählich die Erkenntnis, dass die Kommunen zu einer Arbeitsweise gem. Prinzip c) nicht fähig sind. Projekte des Staates waren immer deutlich teurer als vergleichbare Projekte in der freien Wirtschaft. Und so verpflichtete man die Kommunen schon 2005 per Gesetz, auf eine betriebswirtschaftliche Buchhaltung umzustellen und eine Kosten- und Leistungsrechnung incl. Controlling einzuführen. Die Umstellung auf Doppik musste spätestens am 1.1.2012 erfolgen. Kosten- und Leistungsrechnung sowie Controlling sind anschließend aufzubauen.

Die Gemeinde Scheessel hat formal am 1.1.2010 auf Doppik umgestellt, beginnt aber erst in 2014 damit real zu arbeiten. Die Ausgangsvoraussetzung, die Eröffnungsbilanz, wurde erst im November 2013 fertig.

Schon im Jahre 2011 hat der Landesrechnungshof Scheessel gerügt, dass eine Verwaltungssteuerung der vorgeschriebenen Art noch gar nicht begonnen wurde. Frau Dittmer-Scheele sagte die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung für Ende 2012 zu. Ende 2013 ist damit nicht angefangen worden. Es gibt keinerlei Vorstellungen, wie dies erfolgen soll. Eine Verwaltung, die keinerlei Vorstellungen von Steuerungsmethoden hat und sich auch weigert, solche anzuwenden, lebt in den Tag hinein. Eine effiziente und damit wirtschaftliche Steuerung ist so gar nicht möglich.

Dieser Artikel macht, wie ich meine sehr deutlich, wo in unserer Gemeinde der Wurm steckt und warum ausgerechnet im Bürgermeister-Wahljahr jeder Hinweis auf Versäumnisse in der Verwaltungsleitung zu unsachlichen Presse-Scharmützeln ausartet. Mit diesen Hintergrundinformationen ausgestattet, liest sich sicherlich auch für die Bürger um deren Geld es hier schließlich geht, einiges anders 😉