Ja, die angenehmste Seite der politischen Arbeit ist für mich, wenn Firmenbesichtigungen anstehen. Nicht nur das „Einblick in anderer Leute Arbeit“ bekommen, ist was mich daran so reizt. Vor allem lerne ich dabei immer auch eine Menge Neues dazu und dazulernen, dafür wird bekanntlich nie jemand zu alt 😉 Diese Woche zum Beispiel stand eine Besichtigung des Unternehmens „WeserWind“ in Bremerhaven an. WeserWind ist eine Tochter des Konzerns Georgsmarienhütte und produziert Offshore Windkraftanlagen. Falls jetzt jemand fragt: Offshore Windkraftanlagen stehen, viele Meter tief im Meeresboden verankert, in Nord- und Ostsee um ein vielfaches dessen an Strom zu produzieren, als die Windräder die an Land stehen. Vor allem ist diese Strom Produktion sehr viel verlässlicher, als bei den uns bekannten Windrädern. Ist vielleicht der eine oder andere ja schon davon beeindruckt, wie riesig so ein Onshore -also an Land- Windrad ist, die Offshore Anlagen sind noch viel beeindruckender. Bei WeserWind werden nur die Unterteile, also das was im Wasser steht, gefertigt. Wie gigantisch groß die fertige Anlage sein muss, lässt sich aber erahnen, sieht man alleine die Abmasse des Unterteils.
Ok, so richtig erkennen, kann man die unglaubliche Größe dieser Bauteile auf den Fotos vielleicht nicht…
Die Erklärung von Dirk Kassen (WeserWind Geschäftsführer), dass bevor der Fahrstuhl am Gerüst eingebaut wurde, die Schweißer die oben am Turm gearbeitet haben, eine volle Stunde unterwegs waren, wenn sie nur mal kurz zum WC wollten, lässt da sicher erahnen, was nicht direkt zu erkennen ist. Mit Fahrstuhl dauert´s übrigens immer noch eine halbe Stunde, wer also oben schweißt sollte sehr rechtzeitig wissen, wann er muss 😉
Im Anschluss dann ein Hintergrund Gespräch
Nach der beeindruckenden Betriebsführung ging es dann zum Eurogate Container Terminal, wo wir zu einem Gespräch mit Peter van Hüllen (Geschäftsführer Georgsmarienhütte) und Jörg Kuhbier (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Offshore Windenergie) geladen waren. Peter van Hüllen fand dann auch gleich sehr klare Worte zu der aktuellen Energie Politik der Bundesregierung. „Heute Hüh Morgen Hott, wenn hier nicht endlich klare Rahmen geschaffen werden, bauen wir mit WeserWind unser eigenes Groschengrab“ Der Strompreis steigt, mit dem Abschalten der Atomkraftwerke. Schmerzt das den privaten Verbraucher bereits, so kann sich das für die große Industrie vernichtend auswirken. Soweit ist seine Wut natürlich nachvollziehbar. „Ohne Strom, kein Stahl, ohne Stahl, kein Wohlstand, ohne Wohlstand -so wie die Menschen ihn in Deutschland bisher gewohnt sind- geht es über lang oder kurz unserer Demokratie an den Kragen“ so die Formel, mit der van Hüllen alles auf den Punkt brachte. Jörg Kuhbier reagierte darauf zunächst etwas gegenteilig, denn für ihn findet sich der Ursprung allen Ärgers im Zusammenhang mit der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen, beim Netzausbau. „Seit 1990 wurden die Netze kontinuierlich abgebaut. So kommt es, dass wir zwar durch die Windenergie genug Strom produzieren, diesen aber nicht zum Verbraucher bringen können. In den vergangenen Jahren wurde erst wieder mit dem Ausbau der Netze begonnen und bis heute sind wir gerade mal wieder auf dem Stand von 1990 angelangt.“ so Kuhbier. Seine Lösungsangebote für diese Probleme, umgehender Netzausbau zur Not dann auf Finanzierung durch die kfw Bank. Klaus Wedemeier setzt dort noch einen drauf, in dem er fordert, die Netze wieder zu verstaatlichen. Tatsächlich hat sich ja in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es eben nicht funktioniert, eine derart wichtige Versorgungsleistung in private Hände zu geben. Nun sind weder Jörg Kuhbier noch Klaus Wedemeier verdächtig, so weit links in der SPD zu stehen, dass sie bei jeder Gelegenheit „Verstaatlichung“ rufen. In diesem Punkt sehe ich aber auch, dass es anders gar nicht gehen kann, unsere Energieversorgung vernünftig zu sichern. Kuhbier prangerte dann aber auch an, dass die „Unglaubliche Trägheit der Politik“ eine Situation geschaffen hat, die jetzt und sofort verändert werden muss. Der Weg die Netze zu verstaatlichen würde also wieder enorm Zeit verschlingen, die wir nicht haben. So oder so bleiben die Kosten im Ergebnis immer beim Strom Kunden und zwar beim kleinen Verbraucher, denn der Industrie kann man die Subventionen nicht streichen, ohne zu riskieren, diejenigen zu vernichten, die uns durch die Krisenzeiten hindurch gerettet haben. Ja, tatsächlich ist Deutschland so glimpflich davon gekommen, weil wir starke Industrieunternehmen haben. Schaut man auf die Britische Insel, auf der es keine Industrie mehr gibt, wird klar, wie wichtig unsere Industrie für Deutschland ist.
Wie sieht also der richtige Weg aus?
Klare Rahmenbedingungen durch die Politik! Zügiger Netzausbau, durch die kfw Bank finanziert. Die Industrie muss sich darauf verlassen können, dass politische Entscheidungen nicht mit jeder Neuwahl umgestoßen werden. Verlässlichkeit war auch die deutlichste Forderung aller Industrievertreter am Tisch. Das Kosten entstehen und eben auch steigende Kosten für Energie zu erwarten sind, dass ist jedem klar. Große Konzerne müssen aber auf Jahre planen können und das geht eben nur, wenn die Rahmenbedingungen auf Jahre sicher fest stehen. Dann können auch höhere Kosten verkraftet werden. Die anwesenden Politiker haben also deutliche Handlungsaufträge in ihre Bücher notiert bekommen. Ob diese dann auch umgesetzt werden können, wird sich zeigen, spätestens im September 2013, wenn die Deutschen Wähler entscheiden, wer die Regierungsverantwortung übernimmt. Diejenigen, die über Jahre das Thema Engieversorgung verpennt haben, oder diejenigen die vor Umsetzung aller Vorhaben in diesem Thema abgewählt wurden?