Archiv für den Monat: Oktober 2012

Politik kann auch spannend sein

Ja, die angenehmste Seite der politischen Arbeit ist für mich, wenn Firmenbesichtigungen anstehen. Nicht nur das „Einblick in anderer Leute Arbeit“ bekommen, ist was mich daran so reizt. Vor allem lerne ich dabei immer auch eine Menge Neues dazu und dazulernen, dafür wird bekanntlich nie jemand zu alt 😉 Diese Woche zum Beispiel stand eine Besichtigung des Unternehmens „WeserWind“ in Bremerhaven an. WeserWind ist eine Tochter des Konzerns Georgsmarienhütte und produziert Offshore Windkraftanlagen. Falls jetzt jemand fragt: Offshore Windkraftanlagen stehen, viele Meter tief im Meeresboden verankert, in Nord- und Ostsee um ein vielfaches dessen an Strom zu produzieren, als die Windräder die an Land stehen. Vor allem ist diese Strom Produktion sehr viel verlässlicher, als bei den uns bekannten Windrädern. Ist vielleicht der eine oder andere ja schon davon beeindruckt, wie riesig so ein Onshore -also an Land- Windrad ist, die Offshore Anlagen sind noch viel beeindruckender. Bei WeserWind werden nur die Unterteile, also das was im Wasser steht, gefertigt. Wie gigantisch groß die fertige Anlage sein muss, lässt sich aber erahnen, sieht man alleine die Abmasse des Unterteils.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ok, so richtig erkennen, kann man die unglaubliche Größe dieser Bauteile auf den Fotos vielleicht nicht…

Die Erklärung von Dirk Kassen (WeserWind Geschäftsführer), dass bevor der Fahrstuhl am Gerüst eingebaut wurde, die Schweißer die oben am Turm gearbeitet haben, eine volle Stunde unterwegs waren, wenn sie nur mal kurz zum WC wollten, lässt da sicher erahnen, was nicht direkt zu erkennen ist. Mit Fahrstuhl dauert´s übrigens immer noch eine halbe Stunde, wer also oben schweißt sollte sehr rechtzeitig wissen, wann er muss 😉

Im Anschluss dann ein Hintergrund Gespräch

Nach der beeindruckenden Betriebsführung ging es dann zum Eurogate Container Terminal, wo wir zu einem Gespräch mit Peter van Hüllen (Geschäftsführer Georgsmarienhütte) und Jörg Kuhbier (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Offshore Windenergie) geladen waren. Peter van Hüllen fand dann auch gleich sehr klare Worte zu der aktuellen Energie Politik der Bundesregierung. „Heute Hüh Morgen Hott, wenn hier nicht endlich klare Rahmen geschaffen werden, bauen wir mit WeserWind unser eigenes Groschengrab“ Der Strompreis steigt, mit dem Abschalten der Atomkraftwerke. Schmerzt das den privaten Verbraucher bereits, so kann sich das für die große Industrie vernichtend auswirken. Soweit ist seine Wut natürlich nachvollziehbar. „Ohne Strom, kein Stahl, ohne Stahl, kein Wohlstand, ohne Wohlstand -so wie die Menschen ihn in Deutschland bisher gewohnt sind- geht es über lang oder kurz unserer Demokratie an den Kragen“ so die Formel, mit der van Hüllen alles auf den Punkt brachte.  Jörg Kuhbier reagierte darauf zunächst etwas gegenteilig, denn für ihn findet sich der Ursprung allen Ärgers im Zusammenhang mit der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen, beim Netzausbau. „Seit 1990 wurden die Netze kontinuierlich abgebaut. So kommt es, dass wir zwar durch die Windenergie genug Strom produzieren, diesen aber nicht zum Verbraucher bringen können. In den vergangenen Jahren wurde erst wieder mit dem Ausbau der Netze begonnen und bis heute sind wir gerade mal wieder auf dem Stand von 1990 angelangt.“ so Kuhbier. Seine Lösungsangebote für diese Probleme, umgehender Netzausbau zur Not dann auf Finanzierung durch die kfw Bank. Klaus Wedemeier setzt dort noch einen drauf, in dem er fordert, die Netze wieder zu verstaatlichen. Tatsächlich hat sich ja in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es eben nicht funktioniert, eine derart wichtige Versorgungsleistung in private Hände zu geben. Nun sind weder Jörg Kuhbier noch Klaus Wedemeier verdächtig, so weit links in der SPD zu stehen, dass sie bei jeder Gelegenheit „Verstaatlichung“ rufen. In diesem Punkt sehe ich aber auch, dass es anders gar nicht gehen kann, unsere Energieversorgung vernünftig zu sichern. Kuhbier prangerte dann aber auch an, dass die „Unglaubliche Trägheit der Politik“ eine Situation geschaffen hat, die jetzt und sofort verändert werden muss. Der Weg die Netze zu verstaatlichen würde also wieder enorm Zeit verschlingen, die wir nicht haben. So oder so bleiben die Kosten im Ergebnis immer beim Strom Kunden und zwar beim kleinen Verbraucher, denn der Industrie kann man die Subventionen nicht streichen, ohne zu riskieren, diejenigen zu vernichten, die uns durch die Krisenzeiten hindurch gerettet haben. Ja, tatsächlich ist Deutschland so glimpflich davon gekommen, weil wir starke Industrieunternehmen haben. Schaut man auf die Britische Insel, auf der es keine Industrie mehr gibt, wird klar, wie wichtig unsere Industrie für Deutschland ist.

Wie sieht also der richtige Weg aus?

Klare Rahmenbedingungen durch die Politik! Zügiger Netzausbau, durch die kfw Bank finanziert. Die Industrie muss sich darauf verlassen können, dass politische Entscheidungen nicht mit jeder Neuwahl umgestoßen werden. Verlässlichkeit war auch die deutlichste Forderung aller Industrievertreter am Tisch. Das Kosten entstehen und eben auch steigende Kosten für Energie zu erwarten sind, dass ist jedem klar. Große Konzerne müssen aber auf Jahre planen können und das geht eben nur, wenn die Rahmenbedingungen auf Jahre sicher fest stehen. Dann können auch höhere Kosten verkraftet werden. Die anwesenden Politiker haben also deutliche Handlungsaufträge in ihre Bücher notiert bekommen. Ob diese dann auch umgesetzt werden können, wird sich zeigen, spätestens im September 2013, wenn die Deutschen Wähler entscheiden, wer die Regierungsverantwortung übernimmt. Diejenigen, die über Jahre das Thema Engieversorgung verpennt haben, oder diejenigen die vor Umsetzung aller Vorhaben in diesem Thema abgewählt wurden?

PolitCamp #pc12 Nachlese

Oder „Wie einige es schaffen sämtliche Klischees und Vorurteile zu bedienen“…

Das war es also, das vierte PolitCamp überhaupt und das erste seit Gründung des PolitCamp e.V. Wieder in Berlin, im Radialsystem so wie in den ersten beiden Jahren. Es ist einfach eine tolle Location und für die Mischung aus Konferenz und BarCamp wie geschaffen. Ein bisschen enttäuscht war ich dann doch, dass dieses „Familientreffen-Feeling“ sich gar nicht einstellen konnte, da viele der PolitCamper mit denen sich über die Jahre und vor allem über Parteigrenzen hinweg, so etwas wie Freundschaften entwickelt hat, nicht dabei waren. Um so schöner, dass sehr viele ganz neue Gesichter den Weg zum pc12 gefunden haben. Speziell Vertreter der NGOs sehe ich als eine enorme Bereicherung des PolitCamps an. So gab es einiges an neuen Blickwinkeln zum Thema Netzpolitik zu erfahren.

Podium und Sessions wie immer bleibt das Gefühl, irgendwas verpasst zu haben…

Schon bei der Sessionplanung war klar, bei der Auswahl interessanter Angebote, bleibt irgendetwas immer auf der Strecke. Gerade weil das Radialsystem so viele schöne Räume bietet, kann auch viel gleichzeitig statt finden, also heißt es sehr genau überlegen. Bei einer Session gab es für mich diese Überlegung nicht, denn ich selber hatte zum Thema Transparenz geladen. Doch vorher habe ich mir die Panels zum Datenschutz mit Peter Schaar und zum Leistungsschutzrecht mit dem Axel Springer Justiziar und Jimmy Schulz „gegönnt“. Zum sachlichen Inhalt beider Panels wird sicherlich einiges in anderen Blogs zu lesen sein, daher hier nur kurz, mein Blickwinkel zu den Akteuren. Der Datenschutz Experte Peter Schaar war sehr deutlich in seinen Forderungen, dass es europaweit klarere, vor allem abgestimmtere Regelungen beim Thema Datenschutz geben muss. Er hat dies auch sachlich nachvollziehbar erklärt und konnte mich in einigen Punkten mit seiner Kompetenz überzeugen. Im anschließenden Panel zum Leistungsschutzrecht sah dies komplett anders aus. Natürlich muss man es dem Springer Mann hoch anrechnen, dass er sich wissentlich in die „Höhle des Löwen“ begeben hat. Die Art, mit der er allerdings dann auf der Bühne saß, zeigte deutlich, wie wenig ihn juckte, was an guten Argumenten sowohl von Jimmy Schulz, als auch von den anderen Diskutanten, die mit wirklich intelligenten Fragen ans Mikrofon getreten sind, kam. Ich fühlte mich an einen Spruch erinnert, den ich vor einigen Jahren mal gehört hatte: „Arroganz ist die kleine Schwester der Angst“ Herablassend bis verächtlich reagierte er auf alles, was er nicht beantworten konnte, weil es nun mal auf einige Punkte keine vernünftigen Antworten gab. Am Ende blieb es eben doch dabei, die Verlage die das Leistungsschutzrecht fordern haben keine wirklich funktionierenden Argumente.

Meine Session zum Thema Transparenz

Die Idee, über das viel genutzte Wort Transparenz und darüber, was denn nun eigentlich genau damit gemeint ist, zu diskutieren, kam mir spontan in den Sinn. Tatsächlich hängt mir dieses Wort gelegentlich fast mehr zu den Ohren raus, als der Begriff „Nachhaltigkeit“. Beides wird so inflationär eingesetzt, wie unterschiedlich ausgelegt. Jeder hat meiner Erfahrung nach eine völlig andere Auffassung davon, wie und was transparent kommuniziert werden kann oder sollte. Für mich bedeutet Transparenz im politischen Zusammenhang, ebenso wie im Unternehmen, Entscheidungsprozesse  nachvollziehbar offen zu legen. Ganz sicher bedeutet das nicht, komplett öffentlich „Blank zu ziehen“. Auch meine ich, dass es sehr gewagt ist, immer nur von anderen Transparenz zu fordern, selber aber diese Offenheit scheut, weil es eben sehr schwierig und aufwändig ist, bereits während der Entscheidungsfindung alles transparent mit allen zu diskutieren. Im Rahmen der Session wurde das auch von denjenigen, die bereits einige Jahre im Politzirkus mitmischen bestätigt. Fukami nannte als Beispiel die aktuelle Diskussion zum Thema Rente und Altersarmut. Kaum traut sich da jemand aus der Deckung, mit Analysen und dem Versuch Lösungen anzubieten, da wird gleich alles nieder geschrieen, weil unausgegoren und halbherzig. So ist es natürlich schwer, eine vernünftige Lösung zu entwickeln, wenn alles nieder gepöbelt wird, nur weil es zu früh transparent kommuniziert wird. Interessanter Weise hatten sich zu diesem Thema zum größten Teil Piraten versammelt. So lief das ganze ziemlich schnell in die Richtung, wie die Piraten sich Transparenz vorstellen und was sie von „Der Politik“ erwarten. Meinem Eindruck nach gibt es zwar einzelne, die schon verstanden haben, dass das so einfach gar nicht geht mit der transparenten politischen Kommunikation. Ein Großteil will der „alten Politik“ aber im Moment noch erklären, wie das laufen soll. Am Ende der Session, die wahrscheinlich noch Stunden hätte weiter gehen können, waren wir uns aber dann doch bei einem einig: Transparenz ist nötig aber verdammt kompliziert!

Ein für mich neues Format: Fishbowl

Am Abend habe ich dann auch noch was ganz Neues kennen gelernt, das Panel Format Fishbowl. Zwei Akteure, Moderator und Diskutant stehen fest und drei leere Stühle stehen bereit, für wechselnde Diskutanten aus dem Publikum. Zu Beginn war das ja noch etwas zäh und der eine oder andere musste darauf hingewiesen werden, dass er die Bühne verlassen muss, wenn ein neuer die Gesprächsrunde betritt. Mit der Zeit lief das aber dann ganz gut und so entwickelte sich eine sehr abwechslungsreiche Diskussion.

Was ich vermisst habe:

Am Samstag Abend lief dann alles irgendwie auseinander, da nichts weiter geplant war für den Abend. Schade, gerade nach derart hitzigen Diskussionen wie sie über den Tag gelaufen sind, ist es doch ganz klasse, bei einem Glas noch einmal in Ruhe persönlich zu reden. Meist lernen sich die Menschen bei dieser Gelegenheit doch ganz anders kennen.

Der Sonntag…

War dann noch einmal sehr interessant und mit Gesprächspartnern aus großer und auch kleiner Politik, sehr gut besetzt. Da dieser Artikel hier aber bereits fast zwei Wochen vor sich hindümpelt, weil ich einfach -unter anderem eben auch vor lauter politischer Arbeit- keine Zeit hatte, hier vernünftig weiter zu schreiben, endet er einfach hier. Sorry, aber wenn ich noch länger mit diesem angefangenen Artikel herum laboriere, ist bereits der Nachbericht für das pc13 fällig, bevor ich hiermit fertig bin 😉